34
müssen, oder dafs C im dritten Quadranten und zwar näher an 180° als au
270° liegen müsse; letztere Bedingung ist nothwendig, um die Verschiedenheit
der täglichen Ungleichheit für nördliche und südliche Deklinationen zu erklären,
Man wird finden, dafs unter dieser Voraussetzung die praktisch gefundenen
Vorzeichen mit den theoretischen völlig in Übereinstimmung sind,
Zum Schlufs mögen noch die Resültate einer Ableitung der täglichen
Ungleichheit für Cuxhaven aus den Beobachtungen vom 15. März bis 3. Mai 1876,
welche Herr Wasserbau-Inspektor Lentz nebst der Vergleichung zwischen
Rechnung nnd Beobachtung dem Vf. gütigst zur Verfügung stellte, hier mit-
geteilt werden. Dieselben sind viel zu wenig zahlreich, um exakte Werte zu
yoben, sie bestätigen aber im allgemeinen das hier Gesagte. Es ist dazu noch
zu bemerken, dafs bei der Berechnung der Hochwasserhöhen die tägliche
Ungleichheit bereits angebracht ist, dieselbe sich also = 0 herausstellen sollte,
Die Resultate sind:
Hochwasser
Zeit
Deklination nördlich:
+ 5,0°
+14,8
+25,7
4.07
Höhe
_0,02m
70,04
702
500
TA,
ars
70,21
Höhe
- 0,08m
0,10
‚0.05
Anzahl
2 12
120 10
19 18
Deklination südlich:
— 533 22
—150 FT 41
954 75 59
+0,05 - 53
4010 —150
2002 —9254
+26
42,8
+0,07 18 18
70,04 13 13
5002 30 30
Man wird aus dem Vorhergehenden auch entnehmen, weshalb diese Ab-
hängigkeit früher übersehen worden ist. Airy’s Theorie, worauf die vorher-
zehende Entwickelung sich gründet, ist überhaupt, aufser von ihrem Urheber, der
aber diesen Gegenstand gar nicht bearbeitet hat, soviel dem Vf. bekannt, in dieser
Form noch niemals streng angewendet worden; es sind vielmehr alle Unter-
suchungen auf die Bern ouilli’sche oder die Laplace’sche Theorie mit empirischen
Modificationen gegründet, und von diesen giebt wenigstens die erste, wie die
Formeln (5) und (6) zeigen, keinen, Aufschlufs über die hier entwickelten Ver-
hältnisse. Aus den Beobachtungen konnten dieselben deshalb nicht wohl erkannt
werden, weil es mit Recht für nötig gehalten wurde, zur Ableitung solcher
kleinen Gröfsen die Beobachtungen einer längeren Reihe von Jahren zusammen-
zufassen. Höchstens hat man wohl die tägliche Ungleichheit in Höhe aus einer
kürzeren Zeit abgeleitet, aber diese kann, wie wir sahen, eine Abhängigkeit
von der Geschwindigkeit des Mondes in der Bahn nur dann verraten, wenn
man entweder auch die Niedrigwasser bearbeitet, was häufig unterlassen worden
ist, oder wenn für einen Ort der Winkel C nahe = 90° oder 270° ist. Über
die Natur dieser Unterschiede würde man aber ohne Hülfe der Theorie nur
dann haben Aufschlufs erhalten können, wenn man die tägliche Ungleichheit
aus mehreren Jahren getrennt abgeleitet und diese mit einander verglichen hätte,
Werden die Beobachtungen mehrerer Jahre, aber olme Unterscheidung unter
einander geschrieben und gemittelt, wie dies wohl meistens geschehen ist, so
heben sich die gesetzmäfsigen Änderungen im Mittel weg, und es bleibt nur
der Betrag übrig, welcher dem mittleren Wert von C entspricht.
Die Veränderlichkeit in dem mittleren Mondflutintervall und der mittleren
Jöhe des Hochwassers wurde, wie erwähnt, von Lubbock erkannt, konute
aber von ihm, da er seine Bearbeitungen auf die Bernouilli’sche Theorie
gründete, nicht erklärt werden, weil, wie wir oben sahen, in dieser Theorie
der Winkel C, auf dessen Existenz alle vorhergehenden Schlüsse beruhen, ver-
schwindet. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dafs die hier behandelten
Kigentümlichkeiten der Gezeiten yon selbst berücksichtigt werden, wenn man,
wie in Sir William Thomson’s Methode, die beiden Wellen, aus denen sich
die Gezeiten zusammensetzen, von einander treunt und jede mit den ihr zu-
gehörigen Mond- und Sonnenörtern berechnet, dafs aber andererseits durch
diese Trennung das Auftreten derselben in den gewöhnlichen Beobachtungen der
Hoch- und Niedrigwasser-Zeiten und -Höhen nicht unmittelbar gegeben und
erklärt wird,