Meißner, O.: Vergleichende Betrachtungen der Mitteltemperaturen von Berlin usw. 29
zu schieben, deren stärkere Erwärmung als in Wien schon lange aufgefallen
ist; die Jahresmitteltemperatur aber wird ja im wesentlichen durch die Winter
bestimmt.
7e,f. Für die Differenzen von Prag und Wien gegen Leipzig habe ich
nur den Zeitraum 1831—1900 gewählt, um eine Vergleichbarkeit mit den Diffe-
renzen Berlin-Leipzig, die dies Zeitintervall haben, zu ermöglichen. Da auch
für diesen Zeitraum wie für 1881—1930 der „zeitliche“ Kf, Prag-Wien etwas
unter 0 liegt, wirkt sich dies in dem für Wien-Leipzig besonders aus. Aber wie
man sieht, bewirkt die Elimination eines linearen Ganges keine merkliche Ver-
ringerung der Streuung der Differenz.
8. Vergleichung der Januare in Berlin, Wien und Leipzig. Aus einer ver-
gleichenden Untersuchung der Monatsmittel der Stationen sei hier nur der
Januar, ohne Prag (weil dies erst später mit zu Vergleichsrechnungen heran-
gezogen werden konnte), gegeben,
Daß der Januar in Wien kälter ist als in Berlin, obwohl die Wiener Jahres-
mittel höher liegen, weist natürlich auf eine größere Kontinentalität letztgenannter
Station, — Während nach Tab. 1 die Differenzen der Jahresmittel Wien -Berlin
im Laufe der Zeit geringer geworden sind, ist für die Januarmittel genau das
entgegengesetzte der Fall; d. h. die Berliner Winter sind relativ gegen Wien,
nicht bloß absolut, wärmer geworden, worauf bereits im vorigen Abschnitt hin-
gewiesen wurde. Eben um dies klar zur Darstellung zu bringen, ist hier noch der
Januar aufgeführt; eine Berücksichtigung von Prag und eine Vergleichung sämt-
licher übrigen Monate muß eventuell einer späteren Bearbeitung vorbehalten bleiben,
Ein zweiter Aufsatz folgt.
Kleinere Mitteilungen.
50 Jahre Meteorologisches Observatorium Potsdam, Von Prof. Dr. Harald
Koschmieder, Direktor im Reichswetterdienst.
Das Meteorologische Observatorium Potsdam des Reichsamts für Wetterdienst sah am 1. Oktober
1942 auf sein 50jähriges Bestehen zurück. Seine Eigenart geht schon aus der Gründungsgeschichte
hervor. 1847 war das Preußische Meteorologische Institut auf Anregung Alexanders von Humboldt
ründet worden, und zwar als ein Teil des Statistischen Bureaus. Die Arbeit des Instituts lag
daher ganz überwiegend auf statistisch-klimatologischem Gebiet mit der Aufgabe, die mittlere Ver-
teilung von Temperatur, Wind, Luftdruck usf, für das Preußische Gebiet zu ermitieln, etwa für die
Jahres- und die Monatsdurchschnitte. Diese Aufgabe blieb als fast alleinige bestehen, bis 1885 der
Physiker Wilhelm von Bezold (1837—1907) zum Direktor des Instituts berufen wurde. Er erkannte
klar, daß die Meteorologie von der statistischen Feststellung zur era hen Erkenntnis des Einzel-
vorganges fortschreiten müsse, sollte sie die Grundlagen für die Wettervorhersage schaffen. So waren
die Bedingungen, die er bei der Übernahme seines Amtes stellte, auch in diesem Sinne gerichtet und
lauteten: Abtrennung des Meteorologischen Institutes vom Statistischen Bureau und Schaffung eines
Meteorologischen Observatoriums, Das erste sollte in Berlin verbleiben, um einen bequemeren Ver-
kehr mit den Ministerien uud wissenschaftlichen Körperschaften zu ermöglichen; dabei sollte es im
großen Umfange die unentbehrliche klimatologische Arbeit fortsetzen und das über ganz Preußen
ausgedehnte Beobachtungsnetz überwachen. Das Meteorologische Observatorium hingegen sollte —
ungestört von der Unruhe der Großstadt, aber doch wieder von Berlin aus leicht erreichbar — sich
der physikalischen Erforschung der Vorgänge und Zustände in der Atmosphäre widmen,
Und so kam es auch, 1890/92 wurde das heute noch in unveränderter Gestalt bestehende
Observatorium bei Potsdam‘ nach den Plänen des Geh. Oberregierungsrates Spieker gebaut, der
bereits die Pläne für das auf dem gleichen Gelände liegende Astrophysikalische Observatorium und
das Geodätische Institut entworfen hatte, Am 1. Oktober 1892 konnte das Gebäude bezogen werden.
Zum „Vorsteher“ wurde Adolf Sprung (1848—1909) ernannt, der für diese Aufgabe wahr-
haft berufen war: theoretisch hervorragend geschult, wie sein 1885 veröffentlichtes Lehrbuch der
Meteorologie zeigt, besaß er außerdem ein ungewöhnliches experimentelles Geschick, dem wir zahl-
reiche, heute noch gebräuchliche Instrumente verdanken. Insbesondere ist sein Waagebarograph auch
jetzt noch das empfindlichste und beste Instrument zur selbsttätigen Aufzeichnung des Luftdruckes,
Es kann heute kein Zweifel sein, daß Sprung zu den stärksten und schöpferischsten Persönlich-
keiten der deutschen Meteorologie gehört, ausschließlich der Sache ergeben. unbekümmert um Gunst
und Ungunst, befähigt zu den höchsten Leistungen.
Die Einrichtung des Observatoriums war sein Werk, Für fast alle Aufgaben ersann er neue
gelbstschreibende Geräte, so für Wind, Niederschlag und Verdunstung, Sein Waagebarograph ist
schon erwähnt. Bei all diesen Neukonstruktionen kam ihm freilich ein Glücksfall zu Hilfe: er fand
in R, Fueß, dem Begründer des heute groß ausgebauten Werkes dieses Namens, einen kongenialen,
arbeits- und unternehmungsfreudigen Mechaniker, der Sprungs Gedanken in die Tat umzusetzen
wußte, So wurde Potsdam eine meteorologische Station von hervorragender Ausrüstung, und die