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Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, August 1943.
geherrscht haben müssen. Da es sich nach diem Befund auch hier nicht um
direktes Gletscherwasser gehandelt haben kann, andererseits aber doch ein sehr
niedriger Wert, nämlich 4.8°%, erhalten wurde, werden wir wohl Schnee- oder
Firnschmelzwasser, wenn nicht gar Gletscherwasser, das durch Passieren filtern-
der Schichten gereinigt wurde, annehmen müssen, nicht aber reguläres Grund-
quellwasser mit längerer Verweildauer im Boden. Die geringe Wärme ist um so
bemerkenswerter, als das Wasser, das von den Hängen des Keeskogels (3298 m)
stammt, zuletzt mittels Holzröhren herangeführt wird, die immerhin keine voll-
kommene Isolierung gegen Luftwärme und Insolation bieten. Allerdings herrschte
letztere nur morgens und vormittags; später war das Wetter wolkig bis bedeckt.
Der ÖObersulzbach, der das gesamte Obersulzbachtal entwässert, wurde un-
mittelbar. am Talausgang in 880 m Höhe aufgenommen. Seine Hauptkomponente
wird vom Obersulzbachkees gestellt; hinzukommen noch Schmelzwässer von
Seiten- und Hängegletschern sowie andere Seitenbäche und Zuläufe aus Schnee-
und Firnschmelze, Die Tallänge vom Gletscherende bis zur Meßstelle beträgt
rund 11km. Am Beobachtungstage war das Wetter heiter und sonnig; lediglich
vormittags lagerte Nebel über dem mittleren und oberen Abschnitt: nachts war
es über der Hauptkette bedeckt, stürmisch und regnerisch. Es ergab sich eine
Flußtemperatur von 9.2°. Hier hat die direkte Insolation zweifellos bereits einen
größeren Anteil an der Wassererwärmung.
Ötztaler Gruppe.
Hochjochferner, In der Ötztaler Gruppe zeigte der Abfluß des Hochjoch-
ferners nachmittags bei mittlerer Bewölkung nur 1.0°. Hiernach zu urteilen
hatten weder Insolation noch Luftwärme (17.3°) oder Fallwind (SSW) merkbaren
Einfluß auf die Wassertemperatur, Eine Erwärmung infolge des 10m breiten
und 4 m hohen Gletschertores, das der Luft bis in etliche Meter unter dem
Gletscherkörper Zutritt gab, muß also verneint werden. Sie ist ohnehin nicht
zu erwarten bei der hohen Strömungsgeschwindigkeit mit ihrem raschen Nach-
schub an Kaltwasser, Eine Beeinflussung durch oberflächliche, in Eisrinnen
laufende Schmelzwässer des Gletschers, die noch oberhalb des Gletscherendes
durch Eisspalten dem subglazialen Hauptstrom zugeführt wurden, dürfte nur
sehr gering zu veranschlagen sein.
Weitere Abflüsse seitlicher Hängegletscher gehen dem Hochjochferner und
seinem subglazialen Strom nur in geringer Zahl zu. Sie überqueren zwar eis-
freies Hanggelände, legen aber eine beachtliche Strecke unter dem Insolations-
schutz von Schutt und Geröll zurück, so daß eine wesentliche Erwärmung nicht
eintreten kann, weshalb auch eine .merkliche Temperaturerhöhung des Haupt-
stromes ausbleibt. Wie die Messung zeigt, haben auf letzteren nicht einmal die
zahlreichen Schmelzwässer großen thermischen Einfluß, die sich beim Über-
strömen der der Sonnenstrahlung ausgesetzten Felsterrassen im W und N der
Finailspitze (3514 m) ohne Zweifel erheblich erwärmen können, bevor sie dem
Hochjochferner tributär werden,
Kesselwandferner, Im Gegensatz zum Talgletschertyp des vorigen neigt der
Kesselwandferner zu einer Übergangsform zwischen einem solchen und einem
Hängegletscher. Er endigt heute, ehedem mit dem Hintereisferner vereinigt,
hoch über diesem, mit flacher breiter Zunge, in eine Seitentalung der linken
Flanke des Haupttales hereinhängend, Die Temperatur seines Flusses am Aus-
tritt aus dem Eis war vormittags 1.0°. Ein ausgesprochenes Gletschertor fehlte;
das überhängende Eis war nur geringfügig unterhöhlt.
Die gleiche Wasserwärme mit dem Hochjochferner fällt auf, da dem Kessel-
wandferner ähnliche möglicherweise vorerwärmte Zuflüsse wie bei diesem fehlen.
Andererseits hat vielleicht die stärkere Südexposition des Kesselwandferners,
dessen Achse nach SE gerichtet ist, einen gewissen Ausgleich dafür im Gefolge.
Die Gipfelhöhe des Einzugsgebietes ist bei beiden Eisströmen genau die gleiche
(hier der Fluchtkogel, 3514 m). Die Insolation allerdings kann zu der früheren
Stunde und der stärkeren Bewölkung, wenn überhaupt, nur einen erheblich
geringeren Einfluß auf die Flußtemperatur des K gehabt haben. Dies sowie die