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Full text: 71, 1943

Spangenberg, W, W.: Bemerkungen über die Bestimmung: der Himmelsfarbe usw. 299 
Mit anderen Worten: der Farbton des Himmelsblaus müßte dem Beobachter um 
so gesättigter erscheinen, je mehr die blaue Farbe in der Umgebung der zu 
schätzenden Himmelsfläche fehlt, also je mehr helle Wolken vorhanden sind. 
Dieser Kontrast wird besonders deutlich, wenn die Umgebung vorwiegend die 
Komplementärfarbe (in vorliegendem Falle also gelb) enthält, Dieses Phänomen 
braucht natürlich nicht nur durch Wolken, wo besonders die optisch dichteren 
Formen wie Cumulus, Altocumulus oder Cumulonimbus usw. in Frage kommen, 
hervorgerufen zu werden. Vielmehr läßt sich auch ein ähnlicher Effekt fest- 
stellen, wenn man den blauen Himmel über eine helle, möglichst schwach gelb 
getönte und von der Sonne greil beschienene Mauer oder Hauswand hinweg be- 
trachtet. Die Himmelsbläue erscheint uns dann gesättigter als etwa bei der 
Beobachtung von einem freien Feld, einer grünen Waldwiese oder von der offenen 
See aus. Man kann sich diesen Kontrast dadurch demonstrieren, daß man bei 
der Beobachtung des Himmels in das ungestörte, d.h.: nur von Himmelsblau 
erfüllte Gesichtsfeld des einen Auges von außen her einen von der Sonne hell 
beleuchteten weißlichgelben Papierbogen langsam zur Gesichtsfeldmitte ein- 
führt!). Bei der Himmelsblauschätzung nach der Linkeschen Blauskala macht 
sich dieser Effekt wohl nicht so sehr bemerkbar, weil ja auch die scheinbare 
Farbensättigung der Skalenblätter vom Simultankontrast mit betroffen wird!”). 
Es ist aber dennoch bei stärkeren Bewölkungsgraden auch hier Vorsicht am 
Platze, zumindest sollten Beobachtungen an Tagen ohne Wolken getrennt von 
solchen mit größerer Bewölkung ausgewertet werden?S), 
Von gewisser Bedeutung scheint auch für die Ermittlung der Farbe des 
heiteren Himmels der dem Physiker gut bekannte sukzessive Kontrast zu 
sein. Wenn man längere Zeit hindurch einen farbigen Gegenstand fest anblickt 
und im Anschluß daran sofort die betreffende Komplementärfarbe auf die Netz- 
haut einwirken läßt, so erscheint letztere erheblich gesättigter und lebhafter. 
Das würde sich für die Himmelsblaubestimmungen nach dem Gedächtnis etwa 
folgendermaßen auswirken: wenn man vor der eigentlichen Himmelsbeobachtung 
längere Zeit z. B. den hellen, gelblich getönten Meeresstrand oder eine ältere, 
schmutzige Schneefläche betrachten würde, so müßte bei der Schätzung im An- 
schluß daran das Himmelsblau wesentlich gesättigter aussehen, als es in Wirk- 
lichkeit objektiv ist. XEs ist deshalb notwendig, daß sich das Auge bei der 
Schätzung in ausgeruhtem Zustande befindet, was man für alle Fälle auch bei 
der Beobachtung mit der Linkeschen Blauskala fordern sollte!*), Dem Vorschlag, 
das Auge vorher im Dunkeln auszuruhen oder eine rote Adaptationsbrille (wie 
sie der Röntgenologe verwendet?)), aufzusetzen, ist deshalb abzuraten, weil durch 
diese Maßnahmen die Netzhaut auf das farblose Dunkelsehen umgeschaltet wird. 
Das Auge wäre in diesem Falle bei der Beobachtung zu sehr geblendet und 
relativ farbenuntüchtig. Das Auge soll sich besser in einem Zustande befinden, 
der für normales Tagessehen geeignet ist. 
Die ganzen physiologischen Fragen sind hier etwas ausführlicher behandelt, 
weil deren Kenntnis gerade für das Problem der Bestimmung der Himmelsfarbe 
von großer Bedeutung ist, zumal sie auch heute noch im naturwissenschaftlichen 
Unterricht an Schule und Universität oft etwas zu kurz kommen. 
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß es sehr wohl angebracht wäre, 
wenn sich ein jeder Beobachter, der auch Himmelsfarbenbestimmungen nach der 
Linkeschen Skala oder dem Gedächtnis macht, einmal auf seine Farbentüchtig- 
keit hin genau untersuchen ließe, denn die meisten Menschen haben von diesen 
Fehlern keine Ahnung und können oft nur schwer davon überzeugt werden. Es 
ist immerhin ziemlich bedenklich, Himmelsblaubeobachtungen normal farben- 
tüchtiger Menschen mit solchen von Farbenblinden zu vergleichen. Man könnte 
16) Zu empfehlen ist bei solchen Beobachtungen stets die Benutzung nur eines Auges und das 
andere zu schließen, weil durch diese Maßnahme die Täuschungsgefahr vermindert wird, — 2) Es 
soll hiermit aber keinesfalls behauptet werden, daß das Himmelsblau und das Blau der Skala in 
gleicher Weise beeinflußt werden! — 2%) ZB: W. W. Spangenberg: Himmelsblau-Schätzungen. 
Ann, d. Hydr. u. mar. Met. 67, 436 [1939]. — 2) Vgl. Anmerkung 4 auf S. 295. — %) Durch Auf- 
setzen einer solchen Brille wird das gleiche erzielt, wie wenn der Beobachter sich längere Zeit hin- 
durch in einer vollkommen dunklen Stube aufgehalten hätte.
	        
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