Thiel, G.: Einiges über die Ergebnisse von Strombeobachtungen in der westl. Ostsee, 92831
sondern auch über die Lage der Grenzschicht zwischen dem zur Nordsee
fließenden Oberwasser und dem zur Ostsee fließenden Tiefenwasser gewonnen
werden.
Eine Bearbeitung der zu den Zeiten der Strommessungen an den Pegeln
der Ostseeküsten aufgezeichneten Wasserstände führte zu einer Aufklärung der
Zusammenhänge zwischen den Strömungen in den Zugängen zur Ostsee, den
Wasserständen in den Zugängen zur Ostsee und in der Ostsee sowie den
jeweiligen Wetterlagen über dem Atlantischen Ozean, Mittel- und Nordeuropa
im allgemeinen und dem Nord- und Ostseegebiet im besonderen.
Eine ausführliche Veröffentlichung der ganzen Beobachtungsergebnisse wird
später erfolgen.
Über den Gezeitenstrom im Fehmarnbelt.
Von HM, Thorade, Deutsche Seewarte.
1. Allgemeines. Grundlagen der Bearbeitung. Die Schwankungen des Wasser-
standes sind in der Ostsee zu gering, um Bedeutung für die Schiffahrt zu haben.
Die von der Nordsee hereindringende Gezeitenwelle verursacht z. B. schon am
Nordeingange des Kattegats nur einen Springtidenhub von 31 cm (Frederikshavn),
und dieser Betrag vermindert sich bis zum Nordeingange des Sundes (Hornbaek)}
auf 18 cm, um weiterhin in der Ostsee bei Gedser auf 9 em abzusinken. Die
Mitschwingungsgezeiten der Ostsee sind also sehr schwach. Darum auch können
in ihr die ebenfalls schwachen selbständigen Gezeiten wahrnehmbar werden, die
durch die unmittelbare Einwirkung der fluterzeugenden Gestirne auf die Ostsee
entstehen, und es konnte z.B. R. Witting?) feststellen, daß die Gezeiten der
Ostsee von denen der Nordsee und des Atlantischen Ozeans grundsätzlich da-
durch abweichen, daß bei ihnen die Eintagstiden stark hervortreten,
Aus der Kleinheit des Tidenhubs darf man jedoch andererseits nicht ohne
weiteres auf eine solche des Gezeitenstroms schließen. Es sei z. B. nur erinnert
an die Gezeitenströme in der Straße von Messina, die, wie A. Defant?) aus-
führte, mehr als 3 sm in der Stunde erreichen, obgleich der Tidenhub noch nicht
30 cm beträgt.
Ob es in der Ostsee, besonders in ihren engen Zugangsstraßen, merklichen
Gezeitenstrom gibt, bedarf daher besonderer Untersuchung. Es ist das Verdienst
von Konteradmiral Dr. F. Conrad, hierfür die Grundlagen geschaffen zu haben,
indem er in den Jahren 1936—1938 fünf vierzehntägige Untersuchungsfahrten
in die westliche Ostsee ins Werk setzte, die in erster Linie der fortlaufenden
Strommessung an verschiedenen Punkten gewidmet waren. Die folgenden Zeilen
sollen in aller durch den Raum gebotenen Kürze einen kleinen Ausschnitt aus
den Ergebnissen bringen; sie beschränken sich auf die Messungen des Feuer-
schiffs „Fehmarnbelt“ (54° 36’ N-Br., 11° 9’O-Lg.), die in 10m und in 20 m Tiefe
von zwei unausgesetzt arbeitenden Rauschelbach-Strommessern aufgezeichnet
wurden (28. X. bis 12. XI. 1938). Aus ihnen wurde für jede Stundenmitte ein
Mittelwert berechnet, und zwar bei geringer Streuung der Beobachtungen als
arithmetisches Mittel, bei größerer durch Koppelrechnung (vektorielles Mittel).
So ergaben sich 360 stündliche Mittelwerte des Stroms in 10m und 20m Tiefe,
Dazu treten 84 Beobachtungen des Oberflächenstroms mit dem Stromkreuz, die
alle vier Stunden vorgenommen wurden; sie sind hier mit verarbeitet, obwohl
sie den Tiefenstrombeobachtungen nicht nur an Zahl, sondern naturgemäß auch
an Genauigkeit nachstehen, was im folgenden zu beachten ist.
2, Bearbeitung der Beobachtungen. Bei seiner Bearbeitung der Strombeob-
achtungen aus dem Jahre 1936 hat G. Thiel jeden der gefundenen stündlichen
Stromwerte in eine Nord- und eine Ostkomponente aufgespalten und durch
harmonische Analyse einer jeden der beiden zunächst die Sonnentiden S,, S,, S,
“ Witting, R.: Tidvattnen i Ostersjöäen och Finska Viken. Fennia, Helsingfors 1911/12,
8. 1—84, 11 Abb. i. T. — %) Defant, A.: Scylla und Charybdis und die Gegenströmungen in der
Straße von Messina, Ann. d, Hydr. 1940, S. 145—157, 8 Abb. 11T.