192 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, April/Juni 1943,
fällt also in einem Temperaturintervall von ungefähr 5° aus. Indessen wird
man diesen Nachteil schon deswegen in Kauf nehmen können, weil alle anderen
Meßmethoden noch schlechtere Werte liefern, die an der großen Trägheit, an
der geringen Eichbeständigkeit und an der Möglichkeit der Vereisung in den
Wolken liegen.
Als ein weiterer Nachteil wird häufig die Tatsache angeführt, daß die
psychrometrische Differenz bei tiefen Temperaturen sehr klein ist, und daß die
Genauigkeit der Radiosonde zur Messung der relativen Feuchtigkeit mit Hilfe
der psychrometrischen Methode nicht ausreicht. Gegen diese Begründung muß
aber erwidert werden, daß zur Bestimmung der Differenz der trocknen und
feuchten Temperatur die Genauigkeit der Radiosonde nur eine untergeordnete
Rolle spielt, daß vielmehr die physikalische Meßgenauigkeit der Instrumente von
ausschlaggebender Bedeutung ist. Setzt man die Fehler der Thermometer nach
Gehlhaar zu 0,2° an, so kann die Luftfeuchtigkeit bei tiefen Temperaturen
(— 30°) und geringen Luftdruckwerten (500 mb) auf 15 % genau angegeben werden.
Ein wesentlicher, bisher bei uns nur wenig beachteter Vorteil der Psychro-
metermethode liegt in der großen Bedeutung der unmittelbar vom Feucht-
thermometer angegebenen „Feuchttemperatur“ für die Bestimmung der Luft-
massen und für thermodynamische Betrachtungen im Wetterdienst, Die Feucht:
temperaturen sind eng mit den Feuchtadiabaten des Adiabatenpapiers verknüpft,
sie geben den Wärmeinhalt der Luftmasse an und vermitteln ein Bild der
Energieverteilung. Da außerdem bei Benutzung der Feuchttemperatur eine
Reihe‘ von Rechengängen, die von der relativen Feuchtigkeit über den Dampf-
druck zur spezifischen Feuchte führen, überflüssig werden, hat Robitzsch!) die
Frage aufgeworfen, ob es nicht von Vorteil sei, die Feuchttemperatur als aero-
logische Rechengröße in die Praxis einzuführen. Die Ergebnisse der von der
Marine seit 1937 durchgeführten Messungen zeigen nun, daß die gleiche Feucht-
temperatur sogar als unmittelbar erfaßbare aerologische Meßgröße anzusehen ist.
Zum ersten Male wurde die Psychrometermethode mit großem Erfolg und
in breitem Rahmen auf folgenden von der Kriegsmarine durchgeführten Expedi-
tionen im Nordatlantik angewandt:
Erste Teilfahrt der Deutschen Nordatlantischen Expedition des For-
schungs- und Vermessungsschiffes „Meteor“ im Jahre 1937;
zweite Teilfahrt der Deutschen Nordatlantischen Expedition des For-
schungs- und Vermessungsschiffes „Meteor“ im Jahre 1938;
internationale Golfstromunternehmung auf dem Forschungsschiff
„nAltair“ 1938.
Um ein Bild von der Brauchbarkeit der Feuchtemessung zu entwerfen, wird
im folgenden eine kurze statistische Zusammenstellung der Aufstiege der Golf-
stromunternehmung gegeben, und es werden an zwei Abbildungen die Ergeb-
nisse der Messungen auf dem ersten Profil der Fahrt gezeigt.
Tabelle 1, Übersicht über die auf der Internationalen Golfstromexpedition gestarteten
und ausgewerteten Radiosonden.
tartı
osarteie | Ausgewertet |
Feuchte | Feuchte nicht
ausrewertet gusgewertet.
23 ?2
22 21 |
34 34
4 24
in3 101
Wie aus Tabelle 1 zu ersehen, wurden 103 Marineradiosonden gestartet, von
denen nur zwei Aufstiege Fehlaufstiege waren. Von den brauchbaren 101 ist
bei 94 Aufstiegen die Feuchte einwandfrei auswertbar. Bei zwei weiteren Auf-
stiegen waren zur Prüfung der Genauigkeit der Thermometer die Sonden mit
Profil I. .
Profil I! ...
Profil If... .
Profil IV... 2
Summe. .....
Gl
A Robitzsch: Die Feuchttemperatur als aerologische Größe, Met. Ztechr., 1938, 8. 425—428