186 Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, April/Juni 1943,
Die 7. bis 10, Anpassungsminute gibt, wie man deutlich sieht, einen labilen Zu-
stand. Die Empfindungszeiten des Auges werden plötzlich wieder bedeutend
ungünstiger und bilden ein zweites Maximum,
Außer den genannten Grundeigenschaften sind für das Erkennen von See-
zeichen noch die folgenden Eigenschaften des Auges wichtig.
1. Die absolute Schwelle, d, h, der geringste Lichtstrom, der das Auge treffen
muß, um überhaupt noch wahrgenommen werden zu können, Dieser hängt stark
vom Anpassungszustand des Auges ab (Abb, 5) und nähert sich mit steigernder
Anpassungsleuchtdichte einem konstanten Wert, Leuchtende Punkte können be-
sonders unter Zuhilfenahme des indirekten Sehens bei vollkommen klarer Luft
bis zur Reizschwelle wahrgenommen werden, wenn das Auge voll dunkel an-
gepaßt ist und keinerlei Störlichtquellen vorhanden sind. Es muß also eine
Neumondnacht bei bedecktem Himmel und klarer Sicht sein, dann kann eine
Hefner-Kerze noch bis auf 15 Seemeilen
wahrgenommen werden. Schon die geringste
Störhelligkeit, wie etwa der Sternenhimmel,
setzt die Reizschwelle bedeutend hinauf,
So wird angegeben, daß eine Hefner-Kerze
in einer klaren Neumondnacht bei Sternen-
himmel nur noch auf etwa 1!/, Seemeilen
sichtbar ist. In Energieeinheiten entspricht
der geringste Schwellenwert einer Leistung
von 15 X 107” erg/Sek. Die Anpassung
des Auges und damit die Reizschwelle kann
nach Weigel und Knoll®) dadurch stark
geändert werden, daß sich im Gesichtsfeld
eine Störlichtquelle befindet, Je größer
und lichtstärker diese Lichtquelle ist, desto
größer und stärker wird die Störung.
2. Die Erkennungsschwelile: In vielen
Fällen genügt es nicht allein, ein Licht-
wahrzunehmen, das Zeichen als solches
muß auch erkannt werden. Es muß bei-
spielsweise eine Tonne nicht nur gesehen
werden, sondern auch ihre Beschriftung
gelesen werden, Die geringste Leuchtdichte,
Abb. 6. Relativer Lichtstrom eines wahrzu- bei der.das Erkennen stattfindet, liefert
achmenden Onjektes ie Abm sigkeit von der die Erkennungsschwelle, Wie Abb. 5 zeigt,
SAW Teuchtdichten. SEM AO liegt die Erkennungsschwelle immer höher
als die Wahrnehmungsschwelle, Sie zeigt
aber in ihrer Abhängigkeit von der Adaptionsleuchtdichte den gleichen Verlauf
wie die Wahrnehmungsschwelle, Auf See ist es oft schwer, zwischen Erkennungs-
schwelle und Wahrnehmungsschwelle zu unterscheiden; denn infolge der Zer-
rissenheit des Gesichtsfeldes durch den ungleichmäßig leuchtenden Himmel,
durch Wellenkämme, Meeresleuchten usw. sind immer soviel wahrzunehmende
Helligkeitsunterschiede im Gesichtsfeld vorhanden, daß es meist der Erkennungs-
schwelle bedarf, um unter den vielen Helligkeitsunterschieden, die wahrgenommen
werden, die unbeleuchtete Tonne oder Stange usw, herauszufinden.
3. Die Kontrastschwelle: Die Wahrnehmungsschwelle ist eigentlich nur ein
Sonderfall der Kontrastschwelle, denn es handelt sich bei ihr um den größt-
möglichen Kontrast zwischen hell und vollkommen dunkel. Die Kontrast-
schwelle gibt uns den geringsten Kontrast, den ein wahrzunehmendes Objekt
gegen seine Umgebung besitzen muß, um überhaupt wahrgenommen werden zu
können. Sie befolgt eine etwas komplizierte Gesetzmäßigkeit (Abb. 6). Solange
es sich nur um kleine Objekte handelt, gilt das Riccosche Gesetz. Trägt man,
wie in Abb, 6 geschehen, den relativen Lichtstrom, d. h. den vom Obiekt aus-
%) R.G. Weigel und O. H. Knoll: Über die Wahrnehmung in Schwellennähe unter dem Ein-
fiuß nachbarlicher Störleuchtendichten. „Das Licht“ 12. 1942. N. 7072