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Full text: 71, 1943

Prüfer, G.: Das Kimmtiefenproblem. 
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Mit diesen Feststellungen ist zunächst geklärt, weshalb alle Bemühungen, 
auf empirischem Wege eine Kimmtiefenformel auf Grund einer Temperatur- 
differenz Luft-Wasser zu gewinnen, scheitern mußten, Man traf während der 
Beobachtungen, je nach den meteorologischen und geographischen Verhältnissen, 
mehr oder minder stationäre bzw. nichtstationäre Zustände an, so daß die Er- 
gebnisse zwischen beiden Extremen: der möglichen Kimmtiefenformel des 
stationären Falles und der nichtmöglichen Kimmtiefenformel des nichtstationären 
Falles schwanken mußten, 
Doch weiter: 
3. Der für die Temperatur der Wasseroberfläche und die der unteren Luft- 
schicht (etwa 0.3 bis 0.5 m über dem Wasser) berechnete Austauschkoeffizient 
ist von der Größenordnung des Koeffizienten der molekularen Diffusion. 
Das bedeutet: Der Wasseroberfläche liegt unmittelbar eine Luftschicht auf, 
in der ein Austausch in vertikaler Richtung, somit eine Turbulenz, nicht 
existiert, und in der der Wärmetransport durch Wärmeleitung erfolgt. Diese 
Schicht ist als Prandtische Grenzschicht mit laminarer Strömung aufzufassen. 
Denn wäre die Strömung nicht laminar, so gäbe es in ihr Turbulenz und damit 
einen Austausch mit einem Austauschfaktor größer als der Koeffizient der 
Wärmeleitung. Dieses Ergebnis gilt nur bei Windstärken bis zu sechs Beaufort. 
Bei größeren Windstärken ist nicht beobachtet worden, 
Das Resultat 3 erklärt die Ergebnisse 1 und 2. Die Grenzschicht sperrt 
die Wassermasse gegen die Luftmasse ab. Bei hinreichend langer Lagerung der 
Luftmasse über der Wassermasse kann sich ein Gleichgewicht zwischen den 
Temperaturen der einen und der anderen bilden. In diesem Fall ist die Ober- 
flächentemperatur des Wassers im Verein mit der Lufttemperatur an einer 
Stelle repräsentativ für den Temperaturgradienten der Luft, In jedem advek- 
tiven Falle (der Luft oder des Wassers) existiert irgendeine Beziehung zwischen 
dem Temperaturgradienten und der Temperaturdifferenz Luft-Wasser nicht. 
4. Zwischen der Grenzschicht und der Luftmasse gibt es eine Fläche bzw, 
Verzahnungsschicht, die sowohl der Grenzschicht als auch der daraufliegenden 
Luftmasse angehört. Die Temperatur dieser Fläche kann als Oberflächen- 
temperatur der Grenzschicht und zugleich als Bodentemperatur der Luftmasse 
betrachtet werden und sei mit T, bezeichnet, Diese Temperatur T, ist es nun, 
welche effektiv als Kimmtemperatur des Lichtstrahls (am Abgangsort in der 
Kimm) betrachtet werden kann, und welche gemeinsam mit der „Auges“tempe- 
ratur (am Ankunftsort des Kimmstrahls) das Temperaturfeld, also das optische 
Feld, des Lichtstrahls und somit seine Refraktion bestimmt (falls zwischen Kimm 
und Auge keine Unstetigkeit im Temperaturfeld außer jener Grenzschicht vor- 
handen ist, was nicht beobachtet worden ist). 
Berechnet man nämlich aus der beobachteten Kimmtiefe, der Temperatur 
in Augeshöhe und der gemessenen Augeshöhe nach der Theorie der Refraktion!) 
diejenige Temperatur, welche der Lichtstrahl in der Kimm haben müßte, so er- 
hält man Werte, die mit denen in der Kimm in der untersten meßbaren Luft- 
schicht beobachteten derart übereinstimmen, daß die Abweichungen sich 1, als 
zufällige Fehler, 2. als innerhalb der Meßgenauigkeit liegende, doch notwendige 
Unterschiede beweisen lassen (denn der Temperaturgradient in der Luftmasse 
ist immerhin so klein, daß ein Temperaturunterschied zwischen 0.2 bis 0.5 m 
voneinander entfernt liegenden Stellen sich mittels ABmann nicht messen 1ä8t). 
Diese Temperatur T, und ihre hinreichende Übereinstimmung mit der in 
Bodennähe gemessenen Lufttemperatur existierte immer (bis auf zufällige 
Fehler), sowohl in den stationären Fällen 1 wie in den advektiven Fällen 2. 
Das bedeutet: Man braucht keine andere Formel als die aus der Theorie 
der Strahlenbrechung a priori für die Kimmtiefe gegebene mitsamt deren 
theoretischen Koeffizienten, um die Kimmtiefe zu berechnen, vorausgesetzt, 
daß man die Augeshöhe, die „Auges“temperatur und die Bodentemperatur der 
Luftmasse (über See) kennt. Diese sind meßbar., Die für die Praxis notwendige 
ty Die hierbei gemachten. Voraussetzungen seien au dieser Stelle nicht diskutiert.
	        
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