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Full text: 71, 1943

Neumann, G.; Über den Aufbau u. die Frage der Tiefenzirkulation des Schwarzen Meeres, 7 
Die obere Grenze des H,S-Gebietes stellt nicht nur in physikalisch-chemischer 
Hinsicht eine wichtige Trennungsfläche zweier verschieden aufgebauter Wasser- 
körper dar, sondern spielt bekanntlich auch im hydrobiologischen Aufbau eine 
entscheidende Rolle, da durch sie auch angenähert die untere Grenze des Lebens 
(Plankton) gegeben ist. Über die untere Grenze des Planktons im Schwarzen 
Meer hat W. N. Nikitin (21) in deutscher Sprache eine sehr ausführliche Ab- 
handlung veröffentlicht, der wir jedoch nicht in jeder Hinsicht folgen können, 
Aus sämtlichen vorliegenden Beobachtungen über die Planktonverteilung‘?) 
im Schwarzen Meer wurde die in Abb. 3 dargestellte Untergrenze des Planktons 
ermittelt, Diese Grenze verläuft nahezu parallel zur 0.5 cm*/l H,S-Schicht, liegt 
aber allgemein höher als die letztere. Der Unterschied in.der Tiefenlage zwischen 
beiden Grenzflächen beträgt im Durchschnitt etwa 50 m, das ist ungefähr der 
Tiefenunterschied zwischen der Schicht mit einem Schwefelwasserstoöffgehalt von 
0.5 cm*/l und der Wasserschicht, in der die letzten Spuren des Gases anzutreffen 
sind. Nur in einigen küstennahen Gebieten scheint der Unterschied größer zu 
sein, z. B, an der kaukasischen Küste, wo die Planktongrenze nicht im gleichen 
Maße absinkt wie die Schicht mit einem H,S-Gehalt von 0.5 em°/l. 
Wie die Obergrenze des Schwefelwasserstoffs, so liegt auch die Untergrenze 
des Planktons im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres relativ hoch. Diese 
hohe Lage der Planktongrenze (wie auch der anderen Grenzschichten und 
Isoflächen) glaubt Nikitin (24) dadurch erklären zu können, daß durch die 
große Süßwasserzufuhr von Land der vertikale Dichtegradient erheblich ver- 
stärkt und eine tiefer reichende Durchmischung des Wassers verhindert wird. 
Auf diese Weise würde der O,-Transport in die Tiefe herabgesetzt werden, was 
eine höhere Lage der H,S-Schicht und damit auch der Untergrenze des Plank- 
tons zur Folge hätte, Ähnlich wird auch die hohe Lage der Planktongrenze im 
südöstlichen Teil des Schwarzen Meeres bei Batum erklärt. Hier macht sich die 
Süßwasserzufuhr des Flusses Tschoroch geltend, dessen Gewässer nach ihrem 
Ausgange ins Meer in nördlicher Richtung, nach der kaukasischen Küste, ab- 
strömen. W. N. Nikitin und E, F. Skworzow (24) (27) halten den Zu- und Ab- 
fluß der Gewässer überhaupt für die bedeutendsten Faktoren, die die Verteilung 
der Isoflächen im Schwarzen Meer bestimmen, und halten die „mögliche Ein- 
wirkung mutmaßlicher Strömungen“ für weniger wirkungsvoll, Nach ihrer 
Meinung kann aber keine (!) der angegebenen Ursachen das beobachtete Sinken 
der Isoflächen in Tiefen von 500 m bis 1000 m erklären, da sie annehmen, daß 
die Wirkung der besprochenen Faktoren kaum eine so große Schicht erfassen 
kann. Dieser Ansicht können wir uns nicht anschließen, Wir werden später 
sehen, daß die vertikale und horizontale Verteilung sämtlicher Faktoren mit den 
stationären Wasserbewegungen in engstem Zusammenhang steht. Die Neigung 
der Grenzflächen und Isolinien ist eine notwendige Folge des stabilen Gleich- 
gewichts der Wassermassen, . 
In der horizontalen Verteilung der unteren Planktongrenze kommen wir 
im östlichen Becken zu einer von W. N. Nikitin abweichenden Darstellung. In 
völliger Übereinstimmung mit der Tiefenlage der oberen Grenze des Schwefel- 
wasserstoffgebietes (Abb, 2) und entsprechend dem von uns (22) für die Ober- 
fläche entworfenen Strömungsbild, zeigt auch die Untergrenze des Planktons im 
zentralen östlichen Schwarzmeerbecken ein einziges zusammenhängendes Gebiet 
mit hoher Lage der Grenzschicht. Nikitin nimmt dagegen zwei getrennte, 
kuppelförmige Erhebungen mit dazwischenliegender Einsenkung auf der Linie 
Sinope— Tuapse an und schließt daraus, daß im östlichen Becken des Schwarzen 
Meeres nicht ein, sondern zwei „halistatische“ Gebiete?) vorhanden sind. Er 
spricht von einem Strom, der etwa von Sinope nach Tuapse gerichtet ist und das 
östliche Becken in einen nordwestlichen und einen südöstlichen Teil spaltet. Zu 
diesem Strom müßte aber auch ein in umgekehrter Richtung setzender Gegen- 
Strom gehören, denn sonst wären aus dynamischen Gründen nicht zwei kuppel- 
1) Über die Fehlerquellen bei den Planktonfängen und die Bestimmung der unteren Plankton- 
grenze s. Nikitin (24) und Knipowitsch (16). — ?) Mit „halistatischem“ Gebiet wird die Ansamm- 
Jung salzreichen Wassers in der Mitte der zyklonalen Kreisströme bezeichnet.
	        
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