Neumann, G.; Über den Aufbau u. die Frage der Tiefenzirkulation des Schwarzen Meeres. 5
Das charakteristische Kennzeichen der Stratosphäre ist der zum Boden zu-
nehmende Schwefelwasserstoffgehalt. Aus sämtlichen erreichbaren Beobachtungen
konnte folgende mittlere vertikale Verteilung des H,S berechnet werden:
| erpresst 200 | 800 | 500 | 1000 1500 | 2000
H,S-Gehalt (em%l) ......0...000 045 1.42 | 845 555 | 6.09 | 6.24 [5997
bei 0°C und 760 mm (229) | (163) | (92) | (67) | (44) | (28) [(32)
Die in Klammern beigefügten Zahlen geben die Anzahl Einzelbeobachtungen an,
aus denen der Mittelwert berechnet wurde. Vier Beobachtungen in 2000 m
Tiefe zeigen die auffallend niedrigen Werte 5.12, 4.34, 4.31 und 3.16 cm*/l. Bleiben
diese vier anscheinend fehlerhaften Werte bei der Mittelbildung unberücksichtigt,
dann erhält man als Mittelwert in 2000 m Tiefe 6.24 ecm’/l bei 28 Einzelbeob-
achtungen.
Von den verschiedenen Hypothesen über die Herkunft des Schwefelwasserstoffs
im Schwarzen Meer kann heute die von N. I. Tschigirin und P.T. Danil-
tschenko (se) angegebene als die wahrscheinlichste gelten, Nach diesen Autoren
sind Reduktionsprozesse der Sulfate durch Kohlenstoff der organischen Substanz
die Hauptentstehungsquelle dieses Gases, die sich bei Beteiligung gewisser Bakterien
(Mierospira) abspielen. Zu derselben Ansicht kommen auch die Bakteriologen
der Schwarzmeer-Asowschen-Fischereiexpedition B. L. Issatschenko und A. A,
Egorowa (14). Bei Anwesenheit solcher Reduktionsprozesse muß neben der
Zunahme des Schwefelwasserstoffgehaltes mit der Tiefe auch eine relative Ab-
nahme der Sulfate und Zunahme der Karbonate beobachtet werden, was durch
die chemischen Untersuchungen von Tschigirin und Daniltschenko auch
bestätigt wurde. Von sehr geringer Bedeutung ist die Bildung des H,S aus
organischen Stoffen im Wasser, wie es beim Zerfall der Eiweißkörper entsteht.
Die untere Wasserschicht, in der das organische Leben nur durch anaerobe
Mikroorganismen vertreien ist, haben Daniltschenko und Tschigirin die
Reduktionszone des Schwarzen Meeres genannt, im Gegensatz zur oberen, der
Oxydationszone, in der ein recht mannigfaltiges Tier- und Pflanzenleben vor-
herrscht.
Von einer Darstellung und. Diskussion der wichtigsten Vertikalschnitte im
Schwarzen Meer kann an dieser Stelle abgesehen werden. Man findet solche
Schnitte und ihre ausführliche Beschreibung in den Arbeiten von Knipowitsch
(16) (17), Schokalski und Nikitin (so), Skworzow und Nikitin (24) (2s) (26).
Sie beschränken sich aber ausschließlich auf die obere Wasserschicht bis 250 m
oder 300 m Tiefe, Die wichtigste und auffallendste Erscheinung in all diesen
Schnitten ist die Aufwölbung sämtlicher Isolinien in den zentralen Teilen des Meeres,
Im vorangegangenen Abschnitt konnte an Hand einiger Vertikalkurven eine
erste Übersicht über die Schichtungsverhältnisse des Schwarzen Meeres gegeben
werden. Es traten im vertikalen Aufbau charakteristische Grenzflächen hervor,
die Wasserarten mit verschiedenen physikalischen und chemisch-biologischen
Eigenschaften voneinander trennen. Eine räumliche Vorstellung vom Aufbau
des Wasserkörpers gewinnen wir aber erst, wenn wir die Lage der wichtigsten
Grenzflächen im Gesamtwasserkörper und die horizontale Verteilung der Elemente
in verschiedenen Tiefenhorizonten betrachten.
2, Grenzflächen im Wasserkörper des Schwarzen Meeres,
Eine der wichtigsten Grenzflächen im Wasserkörper des Schwarzen Meeres
ist die Grenze zwischen der sauerstoffhaltigen Oberschicht und der schwefel-
wasserstoffhaltigen Tiefenschicht. Sie trennt zwei völlig verschieden aufgebaute
Wasserkörper, und man kann vermuten, daß ihre räumliche Lage im Gesamt-
wasserkörper eng mit der Dynamik der oberen Wasserschichten verbunden ist.
Schon vor der Schwarzmeer-Asowschen Fischereiexpedition hat Knipowitsch
die Vermutung ausgesprochen, daß diese Grenzschicht nicht horizontal liegen
kann, sondern in ganz charakteristischer Weise gewölbt sein muß. Auf Grund
des von ihm angenommenen Strömungsschemas hat Knipowitsch (16) eine Auf-
wölbung dieser Fläche in den zentralen Teilen des östlichen und westlichen