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Full text: 71, 1943

Bartels, J.: Statistik in der Geophysik, 
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Statistik in der Geophysik. 
Von Julius Bartels, Potsdam. 
4. Die Studien- und Diplomprüfungsordnung für Studierende der Geophysik, 
der Meteorologie und der Ozeanographie (ı) verzeichnet im zweiten Teil des 
Studiums, in der fachlichen Ausbildung, die „Analyse geophysikalischer und 
meteorologischer Beobachtungen“: Graphische und numerische Methoden; 
Statistik; Periodenforschung; Kugelfunktionen, Die folgenden Zeilen bringen 
dazu einige Gedanken, die auf Erfahrung bei Vorlesungen und bei der An- 
wendung statistischer Methoden in der Geophysik beruhen. 
Jeder Geophysiker, für den die Erfahrungsgrundlagen zum großen Teil in 
der Form von langen Beobachtungsreihen vorliegen, wird die Notwendigkeit 
der Anwendung statistischer Methoden bejahen. Das Bedürfnis wird um so 
dringender, je mehr zeitlich veränderliche Größen an den Vorgängen beteiligt 
sind, und je weiter sich die von der Natur dargebotenen Experimente entfernen 
vom einfachen Charakter des wohldefinierten Laboratoriumsversuchs oder Ge- 
dankenexperiments. 
2. Am nächsten kommt man der Sachlage in der reinen Physik wohl noch 
bei allen rein instrumentellen Arbeiten, aber auch allgemein bei Untersuchungen 
über dıe Erdfigur (19), über Schwereverteilung, über Erdbebenwellen, und über die 
geophysikalischen Wirkungen der obersten Kruste (meist als „Angewandte Geo- 
physik“ bezeichnet); hier wird man in der Regel ohne Statistik auskommen, 
soweit man nicht, wie in der Geodäsie, durch überschüssige Beobachtungen die 
Gensuigkeit prüfen und erhöhen will, was zur Fehlertheorie und zur Ausgleichs- 
rechnung führt. Andere Fragen der Physik des festen Erdkörpers führen aber 
schon auf Statistik, z. B. die zeitliche und Örtliche Verteilung der Erdbeben, 
die Polschwankungen, die Ebbe und Flut des Erdkörpers, die Säkularvariation 
des inneren Teils des erdmagnetischen Feldes, In der Ozeanographie und 
Hydrologie beanspruchen statistische Methoden noch größeren Raum, und den 
größten Anteil hat die Statistik bei allen Untersuchungen atmosphärischer Vor- 
gänge, also in der Meteorologie, Aerologie und Klimatologie, in Untersuchungen 
über Luftelektrizität, über kosmische Ultrastrahlung, über den äußeren Teil des 
erdmagnetischen Feldes, über die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen, über 
die Ionosphäre, über alle Einflüsse der Sonne und des Mondes. 
Merkwürdigerweise erfreut sich aber die Statistik in der Geophysik — wozu 
wir die Periodenforschung und die Entwicklungen nach Kugelfunktionen rechnen 
wollen — durchaus nicht allgemeinen Ansehens, Im Gegenteil: Manche Meteo- 
rologen z. B. untersuchen grundsätzlich nur einzelne Wetterlagen und vermeiden 
es peinlich, mit einer Mehrzahl von Fällen zu arbeiten oder gar Durchschnitte 
zu bilden, und zwar aus einer (mehr oder weniger ausgesprochenen) Verachtung 
statistischer Methoden, die als geistlose Rechnerei angesehen wird. Allerdings 
hat man früher gelegentlich auch das andere Extrem vertreten in dem Vor- 
schlag, die weitere Sammlung des sich immer höher türmenden Beobachtungs- 
materials einzuschränken zugunsten gründlicher Bearbeitung des vorhandenen; 
die Gedanken von J. Hann (2) zur Abwehr eines mit großem Temperament 
vorgebrachten Vorstoßes in dieser Richtung sind noch heute lesenswert. 
3. S. Chapman und der Verfasser haben eine handbuchartige Darstellung 
des Erdmagnetismus {s) dreifach unterteilt; Zwischen TeilX („Beobachtungs- 
methoden und beobachtete Erscheinungen“) und Teil III („Physikalische Theorie 
der erdmagnetischen Erscheinungen“) ist Teil II eingeschaltet: „Die Analyse und 
Synthese erdmagnetischer Beobachtungswerte“. Diese neuartige Einteilung wird 
dort folgendermaßen begründet: 
„in manchen Gebieten der Geophysik — wie Meteorologie oder Erdmagnetismus — werden 
statistische Methoden viel verwendet. Zwischen die eigentlichen Beobachtungen und die Diskussion 
der physikalischen Natur der beobachteten Erscheinungen schiebt sich die Aufarbeitung der Beobach- 
tur gen, die Analyse mit statistischen und anderen mathematischen Methoden, und die Synthese 
zum Zweck dr Zusammenfassung wesentlicher Züge der Erscheinungen als Grundlage der Theorie. 
Dieses Zwischenstadium fehlt. im allgemeinen in der Laboratoriumsphysik, weil man dort die Ver- 
suche sorgfältig planen und ausführen kann im Hinblick auf bestimmte isolierte Fragen. Dagegen
	        
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