Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie, Januar 1943,
z. T. bis zum Meeresboden hinabreichten. Die Arbeitsweise dieser Expeditionen
läßt sich jedoch in keiner Weise mit modernen Tiefseeuntersuchungen, etwa mit
denen der zur gleichen Zeit tätigen „Meteor“-Expedition, vergleichen. So ist es
ein sehr großer Nachteil des Beobachtungsmaterials, daß von 500 m Tiefe ab-
wärts nur in 1000, 1500 und 2000 m oder am Meeresboden beobachtet wurde.
Auch die bisherige Bearbeitung des Beobachtungsmaterials beschränkt sich im
wesentlichen nur auf die oberste Wasserschicht. Bei der Frage nach dem Zu-
sammenhang zwischen dem Aufbau der Wassermasse und der Zirkulation der
obersten Wasserschichten kommen W. N. Nikitin und E. F. Skworzow (s) (27)
zu Ansichten, die teilweise der von Knipowitsch (16) vertretenen Auffassung
widersprechen, sowohl in bezug auf die Wasserbewegungen an der Oberfläche
selbst, als auch bei der Erklärung der für das Schwarze Meer so charakteristischen
Schichtung seines Wasserkörpers. ;
Zusammenfassende Darstellungen der Ozeanographie des Schwarzen Meeres
auf Grund der neueren Untersuchungen der Hydrographischen Hauptverwaltung
haben J.M. Schokalski und W,N, Nikitin (29) (2) (so) gegeben. Auf einige
spezielle ozeanographische Untersuchungen, die im Rahmen dieser Abhandlung
von Interesse sind, wird später hingewiesen. Zur Ozeanographie des Schwarzen
Meeres, hauptsächlich des westlichen Küstengebietes, haben rumänische und
bulgarische Hydrologen und Hydrobiologen Beiträge geliefert (10) (28) (ss) (1) (154),
die aber fast ausschließlich rein hydrobiologische Interessen in den Vordergrund
stellen und sich ebenfalls nur auf die oberen Wasserschichten beschränken.
Findet man bei den russischen Autoren schon bezüglich der Oberflächen-
zirkulation des Schwarzen Meeres sehr verschiedene Ansichten, so scheint die
Frage der Wasserbewegung in der Tiefe noch völlig ungeklärt. Wenn Scho-
kalski auf dem Internationalen Geographenkongreß 1934 (20) sagte: „L’6lE&ment
encore le moins connu, ce sont les courants de la mer Noire“, dann hat er wohl
hauptsächlich an die Wasserbewegungen der oberen Schichten gedacht; aber noch
viel mehr trifft dieser Satz auf die Zirkulation in der Tiefe des Schwarzen
Meeres zu, Die vielfach vertretene Ansicht von einer stagnierenden, bewegungs-
losen Tiefenschicht im Schwarzen Meer ist keineswegs fest begründet, und wir
werden später sehen, daß der Aufbau der unteren Wassermasse gar nicht so
eintönig zu sein scheint, wie bisher angenommen wurde. Unter Zusammen-
Fassung sämtlicher erreichbaren Beobachtungen soll versucht werden, die Frage
nach dem Aufbau und der Tiefenzirkulation des Schwarzen Meeres zu behandeln.
Über die Beobachtungsmethoden und Instrumente der russischen Schwarzmeer-
expeditionen wurde in einer früheren Abhandlung (22) ausführlich berichtet,
Dort finden sich auch Angaben über die Genauigkeit der Temperatur- und Salz-
gehaltsmessungen, auf die an dieser Stelle verwiesen werden kann,
1. Vertikaler Aufbau der Wassermasse.
Zur ersten Orientierung über den Aufbau der Wassermasse ist in Abb. I
die vertikale Verteilung der Temperatur, des Salzgehalts, der Dichte, des Sauer-
stoffs und des Schwefelwasserstoffs an drei Julistationen aus verschiedenen Ge-
bieten des östlichen Schwarzen Meeres dargestellt. Die Station P. M. 298 liegt im
südlichen, die Station P. M. 308 im nördlichen Teil des zentralen östlichen Tiefen-
beckens, in der Nähe eines stromschwachen Gebietes, und die Station P. M. 303
südwestlich von Suchum, im Bereich der starken Strömung an der kaukasischen Küste.
{m vertikalen Aufbau der Wassermasse des Schwarzen Meeres hat man haupt-
sächlich zwei Schichten zu unterscheiden. Die obere Schicht ist durch eine sehr
schnelle Dichtezunahme mit der Tiefe gekennzeichnet und reicht im Durchschnitt
bis etwa 200 m Tiefe, Dann erfolgt eine sehr starke Krümmung der Dichtekurve (g;)
und darunter variiert die Dichte nur wenig mit der Tiefe. Schematisch erhalten
wir also folgendes Bild der Dichteschichtung im Schwarzen Meer: Oben eine
relativ flache Oberschicht mit starker Dichtezunahme und darunter eine fast
homogene, etwa zehnmal mächtigere Tiefenschicht. Die obere Schicht können
wir als die „Troposphäre“, die untere als die „Stratosphäre“ des Schwarzen
Meeres bezeichnen. Der Übergang zwischen beiden ist durch eine Schicht