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Full text: 6, 1878

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Eine Fortpflanzung des Sturmes längs der deutschen Küste ist durchaus 
nicht zu konstatiren. Das Maximum der Windgeschwindigkeit trat, wie die vor- 
stehende Tabelle zeigt, überall gegen Mittag, d. h. um die Zeit des normalen 
Maximums, in der täglichen Periode des Windes ein. 
Die Aenderungen des Windes und der Witterung an den einzelnen Orten 
waren ziemlich ähnlich jenen vom 24, Oktober, nur langsamer und unregel- 
mässiger; auch diesmal wehte vor dem Sturm, am Nachmittage des 26., Süd- 
wind mit regnerischer Witterung, in der Stärke von 4 bis 7 Beaufort, an der 
Nordsee theilweise mit starken Regenböen; zur Zeit der grössen Stärke wehte 
der Wind meist aus SW, seltener aus Süd und SSW, überschritt aber, selbst 
in Böen, kaum die Stärke 8 an der Küste; die Witterung war dabei un- 
beständig, jedoch von Borkum bis Hamburg, und ebenso in Pommern während 
des ganzen Tages, seit 5 bis 8 Uhr Morgens vorwiegend heiter, an der übrigen 
deutschen Küste grösstentheils am Morgen und am Mittag bedeckt und erst am 
Abend aufklarend. Während des Nachmittags flaute der Wind ab und ging 
grösstentheils westlicher, drehte jedoch unter dem KEinflusse einer neuen bei 
Schottland erscheinenden Depression bereits zum 29, wieder nach Süd zurück 
und blieb vorwiegend aus südlicher und südwestlicher Richtung auch an den 
folgenden Tagen. 
Ausserhalb des deutschen Küstengebiets finden sich Windstärken von 
8 Beaufort und darüber vom 26, und 27. von folgenden Orten in den tele- 
graphischen Wetterberichten der meteorologischen Institute aufgeführt. 
26. Morgens: Scilly NW 8, Dover SW 8, Kap Gris Nez SSW 8, Jersey SW 9, 
Boulogne SSW 8, Havre SW 9, Me d’Aiz WSW 10. 
26. Abends: Ile d’Aix West 9, Kap Gris Nez West 8. 
27. Morgens: Ile d’Aiz WNW 9. . 
Die Vorgänge im Luftdruck, welche diese Luftbewegungen hervorriefen, 
waren im Wesentlichen folgende. 
Die Depression, welche am Morgen des 26. in England lag, rundete sich 
zum folgenden Tage, nordostwärts fortschreitend, mehr ab und lag am Morgen 
des 27. mit ungefähr derselben Tiefe auf der Nordsee vor dem Skagerrak. 
Hierauf trat Fallen des Barometers in Schottland ein, und scheint eine neue 
Depression vom Ocean über die Shetlands-Inseln gekommen zu sein, so dass 
die frühere am 28. und 29. nur noch als Anhängsel der letzteren bei Stockholm 
angedeutet und am 30. unter starkem Steigen des Luftdrucks im Osttheil des 
Ostseebeckens verschwunden zu sein scheint, indessen die neue am 29, wiederum 
auf der Nordsee vor dem Skagerrak lag, am 30. eine geringe retrograde Be- 
wegung nach Westen ausführte und einen Ausläufer nach dem Alpengebiet aus- 
sandte, welcher letztere sich im Laufe des Tages und der folgenden Nacht, 
bedeutend an Tiefe zunehmend und nordostwärts fortschreitend, zu einer selbst- 
ständigen Depression ausbildete, deren Centrum am Morgen des 31. bei Memel 
und an jenem des 1. November an der Nordspitze Kurlands lag, während das 
ursprüngliche Hauptminimum auf der Nordsee sich fast ausgefüllt hatte und nur 
noch durch eine Ausbuchtung der Isobaren daselbst angedeutet war. Aehnliche 
Entwickelungen am Südrande von Depressionen kamen in diesen Tagen wieder- 
holt vor, so schon am 27, im mittleren Frankreich, von wo das Theilminimum 
zum 28. nach dem Mittelmeere und zum 29, nach dem Osten von Ungarn schritt, 
Auch dasjenige barometrische Minimum, welches den fürchterlichen Schneesturm 
am 3. November in Wien hervorrief, hatte sich zum 2. November auf der Süd- 
seite (allerdings in bedeutender Entfernung) derselben auf der Ostsee gelegenen 
Depression über Italien entwickelt und schritt von hier selbst zur Ostsee fort, 
auf welcher es bis zum 8. November erkennbar blieb, bis seine Spur wiederum 
durch das Auftreten und die Ostwärtsbewegung eines starken Theilminimums 
auf den britischen Inseln verwischt wurde. 
Wie aus dem Obigen ersichtlich, war es der Seewarte geglückt, in den 
drei Fällen, wo die deutsche Küste in diesem Monat in erheblicher Ausdehnung 
von stürmischen Winden betroffen wurde, den Häfen Warnungen zugehen zu 
lassen, welche im ersten Falle, am 10., etwa 19 Stunden, im zweiten, am 24,, 
meistens 2—24 Stunden und im dritten, am 26., 16 —20 Stunden (in Wilhelms- 
haven und Karolinensiel nur 3 Stunden) vor Ausbruch des Sturms am betreffenden 
Ort dio Aufheissung der Signale bewirkten. Dieses so günstige Ergebniss kann
	        
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