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Der Sturm pflanzte sich längs der Deutschen Küste ostwärts fort, wie
aus der vorstehenden Tabelle deutlich zu ersehen ist. Das Maximum der Wind-
stärke fiel an den Stationen der Scewarte auf folgende Zeitpunkte:
Borkum Wilhelmshaven Keitum Hamburg Wustrow Swinemünde
Nachmittags Abends Nachts
Pan WET N EEE N EEE
4—6 5—9* 8—12 8—11* 10—12* 12—2h
Das Fortschreiten des Sturms war hiernach ein ziemlich regelmässiges,
und soin Auftreten in Swinemünde 8 Stunden später als auf Borkum; es pflanzte
sich derselbe also, da die Entfernung zwischen diesen Stationen etwas über
500Km beträgt, in dieser Richtung mit der Geschwindigkeit von 63Km in der
Stunde oder 17'/zm in der Sekunde fort. Nach den weiter unten angeführten
Angaben über das Auftreten des Sturms ausserhalb der deutschen Küste
scheint die Hauptrichtung!) seines Fortschreitens, ungefähr mit der Richtung
des stärksten Windes zusammenfallend, von SW nach NE, vom Kanal nach
Jütland, gerichtet gewesen zu sein und mit der deutschen Küste einen Winkel
von etwa 35° gebildet zu haben, jedoch langsamer (ca 1000Km in 24 Stunden)
vor sich gegangen zu sein, als gerade die seitliche Ausbreitung desselben längs
der deutschen Küste. Was die Stärke des Sturms betriflt, so ist zu den soeben
mitgetheilten Zahlen zu bemerken, dass erfahrungsgemäss die Anemometer in
Wilhelmshaven und Wustrow wegen besonders freier Aufstellung im Allgemeinen
grössere Werthe geben als jene der übrigen Stationen; da eine ähnliche Ungleich-
heit indessen zwischen den übrigen vier aufgeführten Stationen nicht zu bemerken
ist, so scheint der Sturm in Borkum noch nicht und in Swinemünde nicht mehr
dieselbe Kraft erreicht zu haben wie in dem zwischenliegenden Raume. Das
letztere wird durch die Beobachtungen der weiter östlich liegenden Stationen
bestätigt; in den Aufzeichnungen des Anemometers zu Neufahrwasser ist sogar
durchaus kein Anschwellen des Windes am Vormittage des 25. zu bemerkon.
In diesem Theile der Ostsee trat hingegen merkwürdiger Weise mehr
als 24 Stunden nach dem Auftreten des Sturms auf Borkum eine neue stürmische
Bö von grossen Dimensionen ein, welche in Swinemünde einsetzte, gleichfalls
längs der Küste in östlicher Richtung fortschritt und auf der Strecke von
Swinemünde bis Hela neben der ersteren, in Newfahrwasser aber allein, auftrat.
Der Verlauf des ersten Phänomens, wie er aus den Aufzeichnungen der
Beobachtungsstationen und Signalstellen der Seewarte hervorgeht, war auf der
ganzen betroffenen Strecke der deutschen Küste ziemlich übereinstimmend der
folgende: dem Sturme um eine Anzahl Stunden vorher ging ein übrigens nicht
bedeutendes Krimpen des Windes aus südwestlicher in rein südlicher Richtung.
Dorselbe setzte dann, nachdem schon 1 bis 2 Stunden vordem Regen eingetreten,
ziemlich plötzlich in heftigen Böen mit Regen aus SSW bis SSE ein, erreichte
nach 2 bis 4 Stunden seine grösste Stärke aus einer Richtung zwischen Süd
und SW, in Böen die Stärke 9 bis 10 Beaufort erreichend; dann trat 5 bis
6 Stunden nach Beginn des Sturms Ausschiessen des Windes nach SW und
stellenweise, wie in Karolinensiel und Hamburg, bis West ein, mit Abflauen auf
die Stärke von 7 Beaufort und darunter, wobei der Regen aufhörte und mehr
oder weniger Aufklaren eintrat, Nur an wenigen Orten scheint der Sturm von
Gewitter begleitet gewesen zu sein: solches wird nur von Keitum für 9 Uhr und
von Travemünde für 11 Uhr Abends gemeldet. Nachzügler des Sturms traten
schon an der Nordsee stellenweise auf, jedoch nur in den ersten Stunden; so
hatte Borkum um 10 Uhr Abends wieder heftige Böen; an der Ostsee hingegen
trat, wie bereits bemerkt, nach einer Reihe von Stunden, in denen der Wind
mässig bis schwach wehte, abermals Sturm aus derselben Richtung auf, der sich
jedoch, ebenfalls ostwärts fortschreitend, nur von Swinemünde bis zur Danziger
Bucht erstreckt zu haben scheint, da in Pillaw und Memel derselbe nicht
beobachtet wurde. Während der erste Sturm in der Nacht vom 24. zum 25. in
Swinemünde um 1 Uhr, in Rügenwalde zwischen 12 und 4 Uhr, in Stolopmünde um
5 Unter „Hauptrichtung“ ist die Richtung verstanden, in welcher der Sturm die längste
Zeit sich fortbewegt und die längste Strecke durchläuft.