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von 80° W-Lg gelangte, fand man regelmässigen nach Norden setzenden Strom,
an einem Tage einmal einen solchen von 60 Sm. Am 15. Juni verliess die
„Constantia“ die Strasse von Florida und erreichte den freien Ocean; hier fand
man schliesslich noch den Passat, dessen Gebiet sich bis nach 30,4° N-Br und
78° W-Lg erstreckte. In 33° N-Br und 72,5° W-Lg traf man auf die bestän-
digen, im Sommer in diesem Theile des Atlantischen Oceans vorherrschenden
südwestlichen Winde, welche das Schiff bis 38,9° N-Br und 54,3° W-Lg be-
gleiteten, wo sie am 27. Juni zu wehen aufhörten. Nach einer kurzen Zwischen-
pause kam dann wieder günstiger Westwind durch und, von diesem getrieben,
näherte das Schiff sich dann sehr rasch den Aussengründen vor dem Kanal.
Am 13. Juli erreichte die „Constantia“ diese letzteren, wurde auf denselben
noch mehrere Tage durch Ostwind aufgehalten, bis es am 17, Juli nach 45tägiger
Reise gelang, in den Kanal einzusegeln.
4, Reise des Hamburger Schiffes „Melpomene‘“, Kapt. R. C. Molsen.
Wenige Tago später, als die Bremer Bark „Britannia“, verliess das
Hamburger Schiff „Melpomene“ das Dock in Cardiff, um ebenfalls eine Reise
nach Singapore anzutreten. Am Mittage des 4. September 1877 befand es sich
in 47,5° N-Br und 10,3° W-Lg; derselbe Ostwind, der an diesem Tage die
„Britannia“ begünstigte, füllte auch die Segel an Bord der „Melpomene“.
Südlich steuernd erreichte das letztere Schiff 30° N-Br in 19,5° W-Lg am
12. September, also nur einen Tag später, als „Britannia“ diesen Parallel über-
schritt. Auch die „Melpomene“ fand in dieser Breite den NE-Passat und schlug
von hier, der „Britannia“ folgend, den westlich von den Kap Verde’schen Inseln
führenden Weg ein. Am 19. September befand jenes Schiff sich in 12,8° N-Br
und 26° W-Lg; bis hierher reichte das Gebiet des Passates. Nach einigen
Stunden der Windstille setzte südwestlicher Monsun ein, mit dem nach SO ge-
steuert wurde; am 25. September, als man in 5,2° N-Br und 18,5° W-Lg stand,
liess Kapt. Molsen wenden, um zu versuchen über St. B.-Bug Süd zu gewinnen.
Der Wind drehte sich später allmählich durch Süd nach SSE, in dieser Weise
in den Passat übergehend. Am 30. September erreichte die „Melpomene“ in
25,8° W-Lg den Aequator, zwei Tage später, als die „Britannia“ in 21,8° W-Lg
denselben überschritten hatte,
Im Südlichen Atlantischen Ocean kreuzte die „Melpomene“ 10° S-Br in
28,2° W-Lg am 4. Oktober, 20° S-Br in 29,8° W-Lg am 8. Oktober und 30° S-Br
in 19,8° W-Lg am 14. Oktober. Das Gebiet des Passates erstreckte sich nur
bis 18,8° S-Br in 30,2° W-Lg; dort lief der Wind um nach NE und kurze Zeit
nachher nach West. Die zunächst angetroffenen Winde waren übrigens sehr
anbeständig, während mehrerer "Tage, die man in der Nähe des Parallels von
30° S-Br verbrachte, traf man südliche Winde; recht beständiger Westwind
stellte sich erst südlich von 32° S-Br ein. Am 21. Oktober segelte das Schiff
in 39,6° S-Br von westlicher in östliche Länge über; es waren 21 Tage ver-
flossen, seit man sich auf der südlichen Halbkugel befand. Die „Britannia“
passirte den Meridian von Greenw. wieder zwei Tage eher, hatte also auf dieser
Strecke durch den Südlichen Atlantischen Ocean trotz des um 4 Grad östlicheren
Schnittpunktes der Linie nichts gewonnen.
Am 22. Oktober kreuzte die „Melpomene“ 40° S-Br in 4° O-Lg, holte
dann auf östlichem Kurse noch Süd mit an, bis 42,9° S-Br in 45,4° O-Lg am
2. November erreicht war, und folgte hierauf einem rechtweisenden Ost-Kurse.
Wie die „Britannia“ fand auch die „Melpomene“ die Winde vorherrschend aus
westlicher Richtung, doch wurden auch östliche Winde angetroffen; von heftigen
Stürmen blieben beide Schiffe gänzlich verschont. Am 10. November kreuzte
Kapt. Molsen 40° S-Br wieder in 70,8° O-Lg; am 14. November wurden die
Inseln St. Paul und Amsterdam erblickt und am 16. November überschritt das
Schiff in 37,5° S-Br den Meridian von 80° O-Lg. Hier angelangt, war die
„Melpomene“ aber gegen ihren Mitsegler um vier Tage zurückgeblieben. Der
Grund dieses Unterschiedes lag hauptsächlich in der längeren Dauer der von
der „Melpomene“ angetroffenen östlichen Winde und einer im Gesichtskreise
der Insel Amsterdam gefundenen Windstille.