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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 6 (1878)

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erreicht hat, steure es West bis die Küste in Sicht kommt. Es wird bei sich- 
tigem Wetter, wie bereits erwähnt, das hohe Land auf 20 Sm Entfernung in 
Sicht erhalten, und mit diesem fast zu gleicher Zeit einen runden, etwa 300m 
hohen isolirten Hügel, der, unmittelbar an der Küste liegend, dem Beobachter 
zuerst als Insel erscheint. Mit diesem Berg, in der Karte „round hill“ genannt, 
wird man gleichzeitig an Backbord einen Doppelhügel, der Form eines Sattels 
gleichend, in Sicht bekommen, Dieser in der Karte unbenannte Berg, von etwa 
gleicher Höhe als round hell, liegt südwestlich der Stadt Greytown 10 Sm weiter 
in das Land hinein. Hat man rownd Aill gesichtet, so steure man direkt auf 
den Doppelhügel zu. Der Kurs ist ungefähr Südwest und wird recht auf die 
Stadt Greytown führen. Ohne Bedenken nähere man sich dem Lande, denn das 
Fahrwasser ist in der angegebenen Breite ohne jegliche Gefahren. Die Küste, 
das niedrige Vorland derselben, steigt allmählich aus der See empor, und so- 
bald das Wasser die tiefblaue Farbe verliert, deutet es an, dass sich das Schiff 
auf der, die Küste in grösserer resp. geringerer Breite umgebenden Bank be- 
findet. Bei diesigem, unsichtigem Wetter ist das Entfärben des Wassers stets 
ein vorzügliches Merkmal, und hat man eine gute Breite, welche namentlich bei 
solchem Wetter höchst wünschenswerth ist, so muss man mit fleissiger Benutzung 
des Lothes westlich steuern, bis das niedrige Vorland in Sicht kommt. Dies 
geschieht allerdings unter trüben Witterungsverhältnissen oft erst auf 4—6 Sm, 
und dann ist es nicht leicht, die Rhede von Greytown aufzufinden, doch wird 
man, von Norden kommend, immerhin Point Arenas, die einzige an diesem 
Theil der Küste hervorspringende Landzunge, erkennen und findet hierin den 
besten Wegweiser, Die Häuser der Stadt sind von See aus nicht zu sehen und 
erst, wenn sich ein Schiff auf ungofähr 3 Sm der Küste genähert hat, kann man 
die Häuser der Company-Works erkennen, welche unmittelbar in der Lagune 
östlich der Stadt liegen. Im Uebrigen ist das Vorland gleichförmig mit dichtem 
Urwald bestanden und bietet keinerlei Unterscheidungszeichen. 
Was ferner nun die Rhede und Lagune von Greytown anbetrifft, so sind 
die hierüber vorhandenen Angaben im Allgemeinen richtig, nur stimmen die Tiefen- 
verhältnisse mit den zur Zeit daselbst herrschenden nicht mehr überein, Bekanntlich 
versandet der Hafen von Jahr zu Jahr immer mehr, ebenso ist das Fahrwasser 
in demselben einer stetigen Aenderung unterworfen. Die Special-Karte vom 
Hafen von Greytown, Titel VII, No. 30, im Jahre 1873 von den Offizieren der 
V. St. Korvette „Kansas“ aufgenommen, ist im Laufe der seit jener Zeit ver- 
flossenen fünf Jahre unbrauchbar geworden. Der nordöstliche Ausfluss des 
San Juan-Flusses ist versandet, die kleine Insel Arenas ist Halbinsel geworden 
und hat sich selbst sehr verändert. Der Hafen steht nur noch ganz am west- 
lichsten Ende mit der See in Verbindung, die mittlere Einfahrt ist gänzlich 
verschwunden, und die vorliegende Düne hat sich sehr verändert. Das 
ausserhalb derselben eingezeichnete Korallenriff ist nicht aufgefunden worden, 
üasselbe ist den KEingeborenen gänzlich unbekannt. Dagegen erstreckt sich 
vor der oben erwähnten Einfahrt halbbogenförmig eine Barre, welche in der 
Karte gar nicht verzeichnet ist, Diose Barre kann heutigen Tages von Fahr- 
zeugen über 1,6m Tiefgang nicht mehr passirt werden. Der Strom läuft 
beständig aus, oft mit der Geschwindigkeit von 5—7 Sm die Stunde. Während 
der Nordwinde, bei welchen das Wasser vor der Mündung aufgestaut wird, 
kann der Strom nicht mit der dem Niveau-Unterschiede entsprechenden Stärke 
auslaufen; es sinken dann die mitgeführten Schlammtheile zu Boden und ver- 
flachen die Barre derart, dass sie selbst für die Kanoes der Eingeborenen un- 
passirbar wird. Die Absperrung der Passage tritt auch in der trockenen 
Jahreszeit ein, sobald der Wasserstand im Nicaragua - See abnimmt, der San 
Juan-Fluss wenig Wasser mit herabführt, und durch die hierdurch geminderte 
Stromstärke die Schlammtheile sich wieder in stärkerem Maasse auf dem Grunde 
ablagern können. Ueberhaupt sollten Kielboote nie die Barre ohne Lootsen, 
und mit diesem auch nur dann passiren, wenn sie sicher sind, hinreichend 
Wasser unter dem Kiel zu behalten. Sobald das Boot aufsetzt, wird es von 
der brechenden See vollgeschlagen, oder es kentert, wobei die Bemannung in 
der durch das Aufeinanderstossen von Strom und Seegang erzeugten, höchst 
gefährlichen wirbelnden Brandung in den meisten Fällen ums Leben kommen 
wird, Auffallend und recht unheimlich zu gleicher Zeit ist die grosse Zahl der
	        
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