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denn im März ist die Bai von Bengalen durchschnittlich eine Gegend relativ
hohen Druckes, mit einer anticyklonischen Cirkulation des Windes, während sie
im Oktober der Sitz niederen, von höherem Drucke umgebenen Druckes ist, in
Folge dessen die Cirkulation des Windes auch cyklonisch ist.
In der Bai von Bengalen bilden sich die Cyklonen meistens in der Mitte,
oder in der östlichen Hälfte der Bai, ganz besonders ist die Sce westlich von
den Andamanen und Nicobaren die Wiege einiger der verheerendsten Stürme,
welche die Küsten Zndien’s verwüstet haben. Mitunter entstehen sie indessen
einige hundert Meilen östlich von Ceylon, aber sehr selten unter Lee der Indi-
schen Küsten, Stürme entstehen ebenfalls in der Andamanen-See östlich von
den gleichnamigen Inseln, und in solchem Falle nehmen sie mitunter einen nörd-
lichen Kurs in den Golf von Martaban hinein.
Die Kurse der Cyklonen in der Bai von Bengalen sind fast unveränderlich
zwischen West und Nord, aber diejenigen, welche die Küste der Sunderbunds
erreichen, werden gewöhnlich mehr oder weniger östlich in ihrem weiteren Ver-
lauf über Bengalen. Es sind ein paar Ausnahmen berichtet, in welchen der
Kurs des Sturmes über dem nördlichen Theil der Bai etwas östlich von Nord
war, aber diese sind selten, und daher ist, während die indische Küste in hohem
Maasse ihren Verheerungen ausgesetzt ist, die Küste von Arrakan nur sehr
selten von ihnen heimgesucht, Die hervorragendste jemals beobachtete Aus-
nahme ist die letzte verheerende Backergunge-Cyklone vom 1. November 1876,
deren Geschichte ganz vorzüglich von Mr. John Elliot bearbeitet ist (vgl.
„Ann. d. Hydr. ete.“, 1877, pag. 301).
Die Cyklonen der Bai von Bengalen entstehen, wenn keine Luftströmung
in irgend einer bestimmten Richtung über dieselbe hinweht, wenn die Atmo-
sphäre ruhig ist, oder nur durch leichte und veränderliche Winde bewegt wird,
und wenn, wie Mr. Elliot neuerdings gezeigt hat, der Luftdruck an allen Küsten
rundum gleich oder nahezu so ist. Eine andere Bedingung, welche ebenso
charakteristisch für die Entstehung der Cyklonen zu sein scheint, ist, dass während
ihrer Bildung nur wenig Regen an den östlichen und nördlichen Küsten der Bai
und in Bengalen fällt. Auf der anderen Seite treffen Schiffe, welche die Mitte
der Bai, den Entstehungsort der Cyklonen, durchschneiden, zu solchen Zeiten
unveränderlich Ströme von Regen an, und einen atmosphärischen Druck, welcher
niedriger ist, als an den Küsten rundum, Hiervon wird man zahlreiche Be-
weise in den verschiedenen Berichten finden, welche in den letzten Jahren vom
„Bengal meteorological Office“ publicirt sind, sowie in Piddington’s „Memoirs“.
Schliesslich herrscht ein böiger westlicher Wind in der Nähe des Aequators vor,
welcher, wenn sich eine barometrische Depression in der Bai gebildet hat, in
dieselbe hineinweht und dem Sturme die Hauptnahrung zuführt. Leichte östliche
und nordöstliche Winde werden zu derselben Zeit im Norden der Bai und in
Bengalen gefühlt, diese sind aber sehr leicht, indem sie 2—3 Sm die Stunde
nicht übersteigen, bis sich die Cyklone vollkommen ausgebildet hat, worauf ihre
Schnelligkeit zunimmt mit der Zunahme des barometrischen Gradienten.
Wenn sich eine Cyklone im Süden der Bai bildet, so wird das Barometer
in Bengalen nur wenig beeinflusst, oder fällt höchstens nur langsam, bis die
Cyklone herannaht; aber wenn dies im Norden der Bai stattfindet, wie es be-
sonders der Fall ist, wenn sie in den Monaten Juni, Juli, August und September
sintreten (mitunter auch im Mai und Oktober), fällt das Barometer stetig während
der Bildung des Wirbels.
Wenn man über die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Sturmes ein
Urtheil fällen will, so muss man die Anzeichen mit allgemeinen Betrachtungen
über die Jahreszeit in Verbindung bringen. Cyklonen sind unbekannt im Norden
der Bai von Mitte November bis nahezu Ende April. Im März sind allerdings
die Druckverhältnisse an den nördlichen und westlichen Küsten der Bai häufig
sehr gleichmässig, aber sie sind höher an der Arrakan-Küste, und jede Cirkulation
der Winde ist anticyklonisch. Mitunter wehen starke Winde, fast Stürme, von
Süden an die Küsten Bengalens heran, aber sie erstrecken sich bis zu keiner
grossen Entfernung nach See und haben keine schlimme Vorbedeutung. Wie
stark auch immer die Winde an den Küsten Bengalens und in Orissa wehen
mögen, SO lange sie von Süden wehen mit etwas West darin, so ist keine Ge-
fahr vor einer Cyklone vorhanden.