30
keit dieser Insel für den Guano-Export hat seitdem stetig zugenommen und dem-
gemäss wird diese Insel jetzt auch häufiger besucht. Eine genauere Beschreibung
derselben, wie sie uns hier geboten ist, dürfte daher nicht ohne Werth sein.
„Die Insel Enderbury gehört zu den flachen Korallen-Inseln, die höchsten
Punkte auf ihr sind 6m höchstens 7,6m über dem Meeresspiegel; sie erstreckt
sich in der Richtung Süd—Nord 3 Seem. und in der Richtung Ost— West
1 Seem. Die ganze Insel ist von einem Riffe umgeben, welches '/a bis 1 Kblg.
breit und nach See zu steil abfallend ist. In einem Abstand von einigen Schiffs-
längen sind bereits ca, 3660m und 4 Seem. nach Ost und 3’/2 Seem. nach West
sind ca. 4570m Wassertiefen nach amerikanischen Lothungen gefunden worden,
folglich ist nirgends Ankergrund zu finden. Um trotzdem Schiffe hier beladen
zu können, ist an der West- oder Leeseite, da der Wind hier fast immer aus
östlicher Richtung ist, %/4 Seem. von der Nordspitze eine Brücke gebaut worden,
die durch die Brandung führt, so dass Boote, wenn nicht zu unruhiges Wasser
ist, daselbst laden können. Eine Schiffslänge von der Brücke entfernt, liegt eine
grosse hölzerne Tonne (Mooring-Boje), an welcher die Schiffe festmachen. Diese
Tonne ist folgendermassen verankert: Am Lande ist ein Anker eingegraben, an
welchem eine Kette (backing chain) befestigt ist, dieselbe ist ca 220m lang, reicht
bis ausserhalb des Riffes und ist daselbst an einem Anker von 2500kg Gowicht
befestigt; an diesem Anker ist noch eine andere Kette eingeschäkelt, an deren
anderem Ende die Tonne sich befindet. Auf ca. 137m Tiefe liegt der Anker
mit den beiden Ketten, in Folge dessen befindet sich die Tonne gerade ausser-
halb des Riffes, Unterhalb der Tonne, ca. 5,5m von derselben entfernt, ist an
der Kette eine etwas dünnere Kette von ca. 27m Länge befestigt, welche die
Schiffe durch die Backbordklüse an Bord nehmen und um die Ankerwinde
(event. Spill) festmachen müssen. So lange nun östlicher Wind herrscht, ist
für die daselbst liegenden Schiffe keine Gefahr; bei westlichen Winden kann
natürlich kein Schiff liegen bleiben, da es auf das Riff treiben würde.
Bei Windstillen und ganz flauer Brise ist es vorgekommen, dass Schiffe an der
Tonne geschwait haben, der Strom und die zurücklaufende Brandung haben
bisher jedoch solche Schiffe vom Riffe freigehalten, so dass dieselben hinter
dem Heck des Schiffes noch 7m Wasser gehabt haben. Bei flauer Brise
ompfiehlt es sich, die Segel des Kreuztopps back zu legen und dadurch das
Schiff so weit als möglich vom Lande zu halten.
Von Osten kommende Schiffe sollten, wenn der Wind südlich von ESE
ist, um die Südspitze, in andern Fällen stets um die Nordspitze der Insel, dicht
ausserhalb der Brandung, umsteuern, und da alle Untiefen sichtbar sind, so dicht
als möglich, ca. 1 bis 2 Schiffslängen sich längs dem Riffe halten und nach der
Tonne steuern. Ehe jedoch das Schiff die Süd- oder Nordspitze der Insel
erreicht hat, müssen alle Segel, bis auf die Marssegel und den Klüver, fest-
gemacht sein, und ist frische Brise vorhanden, dann müssen auch diese Segel
noch gekürzt werden. Die Stagsegel und der Besahn sind zum sofortigen Bei-
setzen bereit zu halten. Wenn der Wind und die Strömung es erlauben,
kommt in der Regel bei der Nord- event. Südspitze der Insel ein Boot an
Bord, um dem Schiffe beim Festmachen einer Leine Beistand zu geben. Auf
der Back muss eine 10 bis 15cm starke Manila-Leine klar liegen zum sofortigen
Ausfahren und die Backbordklüse muss, um die Kette der Tonne einzunehmen,
gleichfalls frei gemacht werden.
Das Einnehmen der Ladung geht sehr rasch; der Guano wird in Säcken,
welche an Bord ausgeschüttet werden, in Leichtern längsseit gebracht. Für
das Löschen der Ladung aus den Leichtern auf die an Bord befindliche Stellage
ist der Bootsmannschaft 5 Cents für die Tonne Ladung zu zahlen; es werden
bei günstigem Wetter täglich 100t bis 150t geladen. Das Schiff „Atalante“
lag 20 Tage an der Tonne, um 550t Ballast zu löschen und 1720%i Guano zu
laden.
In den vier ersten Monaten des Jahres ist es sehr gefährlich, daselbst
zu laden, weil dann häufig schlechtes Wetter mit westlichen Winden eintritt. !)
i) Dagegen hat nach dem Berichte des Capt. Elias Hempstead, des Inspectors der Guano-
Gesellschaft, während seines dreijährigen Aufenthaltes auf der /nderbury - Insel (1870—1872) der
Wind während drei Viertel dieser Zeit beständig aus ENE bis ESE geweht, in dem anderen Viertel