399
Nachdem 16 Sm ausgelaufen waren, wurden zwei Offiziere im Vortopp
(in der Bramsahling und auf der Marsraa) stationirt. Die weitsichtige Luft und
günstige Beleuchtung der Küste gestattete, den Leuchtthurm von Kap St. Vincent
bis zu einer Entfernung von 25 Sm in Peilung zu halten und danach den Kurs
zu reguliren. Das hohe Hinterland blieb, bis 28 Sm abgelaufen war, in Peilung.
Die hier angestellten Lothungen ergaben anf 225m keinen Grund, auch
wurde keine auffällige Färbung oder Störung der Wasseroberfläche bemerkt.
S. M. S. „Hertha“ befand sich zur Zeit in 36° 42,5‘ N-Br und 9° 25,6‘ W-Leg,
Von hier aus wurden noch 3 Sm in derselben Richtung abgelaufen, doch wurde
auch hier nichts Auffälliges gefunden, was die Nähe einer Klippe kennzeichnen
würde. Hiernach liegt also die von dem Schiffe „Francesco Raffo“ aufgefundene
Klippe auf der Route von 6—31 Smrw SW von Kap St. Vincent entfernt, nicht.
Auch in der missweisenden SW-Richtung von Kap St. Vincent, 30—35 Sm
entfernt, sind schon im Jahre 1875 resultatlose Nachforschungen nach der
Daedalus-Klippe angestellt worden, welche nach früheren Angaben in 36° 30‘ N-Br
und 9° 16‘ W-Lg liegen sollte, Nach den von Kory-Kapt. Zembsch im Mai
1875 von Bord S. M. Kbt. „Nautilus“ genommenen Lothungen ist es wahr-
scheinlich, dass der Daedalus-Felsen entweder gar nicht vorhanden ist, oder
wenigstens nicht auf der für denselben angegebenen Position (s. No. 384 der
„Nachr. f. Seef.“, 1875).
2, Fluthwelle im Hafen von Nagasaki. Der Kommandant S. M. Kbt.
„Nautilus“, Korv.-Kapt. Valois, hat über eine von ihm im Hafen von Nagasaki
am 21. August 1877 beobachtete Fluthwelle Nachstehendes berichtet:
„Am 21. August 1877 wurde im Hafen von Nagasaki, während bis
6" p.m. die Fluth laufen sollte, um etwa 4* 15‘ p.m. ein plötzliches Anhalten
des Wassers beobachtet. Das Wasser lief alsdann mit grosser Schnelligkeit
zurück und stieg dann ebenso schnell wieder, so dass innerhalb 10 Minuten der
Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser 2,1m betrug. Hierauf fiel und
stieg das Wasser in derselben Weise noch dreimal, wobei aber die Unterschiede
zwischen Hoch- und Niedrigwasser immer geringer, sowie die Zeitintervalle
immer grösser wurden, Bei dem letzten Fallen und Steigen, ungefähr eine
Stunde nach dem ersten, wurde ein Höhenunterschied von 0,9m beobachtet.
In dem offenen Hafen wurde diese Welle nur durch eine bedeutend stärkere
Strömung, als gewöhnlich der Fall war, wahrgenommen, und durch das häufige
Hin- und Herschwingen der Schiffe. Um 6* Abends wurde an Bord des
„Nautilus“ ein Strom von etwa *°/4 Sm beobachtet. Eine Erderschütterung
wurde weder an Bord, noch an Land wahrgenommen. Das Wetter zeigte an
diesem Tage keine aussergewöhnlichen Erscheinungen, es wehte eine leichte,
züdwestliche Brise; Luftdruck und Temperatur waren nur geringen Schwankungen
unterworfen.“
Diese Erscheinung dürfte eine ähnliche Erdbebenwelle gewesen sein, wie
diejenige, welche am 11. Mai 1877 die Ostküste Japan’s getroffen hat und die
ihren Ursprung bei /quique in Peru (20° 12'%’ S-Br, 70° 14'%’ W-Lg) hatte,
wo am 9, Mai um 8'% Uhr Abends das bekannte grosse Erdbeben eintrat. Zu
Hakodate traf die Erdbebenwelle am 11, Mai, 11* 30‘ a. m. = Mai 10, 9% 26‘ p. m.
Tquiquie-Zeit, ein, Mithin würde die zu 9760 Sm berechnete Entfernung zwischen
Iquique und Hakodate in 23 Stunden, d.h. mit einer Geschwindigkeit von 381 Sm
die Stunde oder ca 195m die Sekunde. Die hieraus berechnete mittlere Tiefe
des Stillen Oceans zwischen /quiquwe und Hakodate würde 2180 Faden (3934m)
betragen. (S. Peterm. Geogr. Mitth., 1877, pag. 465.)
Der Verlauf der Erscheinung war derjenigen ganz ähnlich, welche Kapt.
Valois (s. oben) bei der Fluthwelle am 21, August 1877 beobachtet hatte.
Zu Hakodate wich nämlich am 11. Mai um 11* 30‘ a. m. die See auf einmal
zurück, stieg dann aber nach 10 Minuten wieder um 2,1m. Dann fiel und stieg das
Meer abwechselnd in Intervallen von 20 Minuten, Zwischen 2* 30‘ und 2* 35‘ p.m,
erreichte die Welle ihre grösste Stärke, gegen Sonnenuntergang hatte sich die
See wieder beruhigt.
Gedruckt und in Kommission bei E. S. Mittler & Sohn,
Königliche Hofbuchhandlung.
Kochstrasse 69/70