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heftig, so dass ich es, obgleich abgehalten war, für nöthig hielt, die Marssegel
zu gcion. Nach 10 Minuten begann der Wind wicder bis auf die Stärke 6 ab-
zuflauen. Während der Bö war der Himmel cin blaues Flammenmeer, so dass
dio Dunkelheit gar nicht zur Geltung kam. In der Nacht und am Morgen
folgten noch mehrere Gewitter ohne besondere Windorscheinungen, derselbe ging
nach und nach bis Süd herum, worauf das Wetter wieder klar und schön wurde,
Auch der Abend des 17, Mai liess sich hinsichtlich der Wettererscheinungen wicder
schr gefahrdrohend an, besonders bemerkenswerth war dabei der auffallend rasche
Wechsel der Himmelsansicht. Der Uebergang von einem klaren tief blauen Himmel
zu einer schwarzen, massigen Bewölkung vollzog sich binnen wenigen Minuten,
und in Zeit von einer Stunde wechselten diese äussersten Kontraste an den
Luv-Horizont drei Mal, während im Lee-Horizont sich ein festes Gewitter-Gewölk
zusammenschob, mit starkem Wetterleuchten. Obgleich die Wolken nach allen
Richtungen zogen, blieb der Wind konstant östlich, wehte aber böig mit Stärke
3 bis 7. Damit schienen wir eine Art Wetterscheide zu passiren, jenseits der-
selben fanden wir innerhalb der Florzda-Strasse schönes passatähnliches Wetter
mit ESE- bis ENE-Winden. Nördlich von Kap Canaveral begann der Wind
langsam südlicher zu gehen, so dass mit raumem Winde in dem stärksten Laufe
des Golfstromes Kurs genommen werden konnte.
Die Richtung des Stromes, wie die Tomperatur desselben, entsprachen bis
zum 21. Mai den betreffenden Angaben, ergaben jedoch schon bis zum 22, Mittags,
wo wir von Kap Hatteras in südöstlicher Richtung 85 Sm abstanden, ein ganz
abweichendes Resultat, da das observirte Besteck für die verflossenen 24 Stunden
einc Versetzung von 3 Sm nach Nord ergab, anstatt einer nordöstlichen von
sehr viel grösserer Geschwindigkeit. Wenn auch dem seit der Nacht von SW (8)
yanz allmählich bis Nord (6) herumgegangenen Wind einiger Einfluss auf die
Richtung und Stärke des Stromes zugeschrieben werden konnte, so blieb doch
noch die Differenz der Oberflächentemperatur schr auffallend, welche nach der
Kartenangabe etwa 26° C. betragen sollte, nach unserer Messung aber nur 21° C.
ergab. Wir lagen nun mit einem sehr steifen Nordwind bis zum Abend des
22. Mai über St. B.-Bug und von da ab mit östlicher gehendem Winde über
B. B.-Bug beim Winde, Ganz unerklärlich war die am 23. Mai durch Unter-
achicd zwischen observirtem und gegisstom Besteck gefundene Stromversetzuug
nach S48° W 42 Sm in 24", wo wir auf eine Versetzung mit gleicher Ge-
schwindigkeit nach der entgegengesetzten Richtung rechnen mussten, da wir
der Karte zu Folge nicht aus dem stärksten Strom herausgekommen waren.
Die Oberflächen-Temperatur war beim Versegeln nach Westen von 21°C. auf
25° C. heraufgegangen, entsprach aber auch in keiner Weise den bezüglichen
Angaben, nach welchen wir nie unter 26° C, hätten messen dürfen. Der Golf-
strom sollte nur an seinem westlichen Rande, wo wir nicht gestanden haben
konnten, eine Temperatur von 21° C. und darunter haben, nach Osten hingegen
ıoch 400 Sm von der Küste entfernt, nicht unter 23° C, heruntergehen. Bei
ler dem Golfstrome in seinen Hauptmerkmalen allgemein zugeschriebenen
Unveränderlichkeit konnten diese enormen Abweichungen von der Rogel wohl
zeeignet sein, mein seit Monaten nicht mehr erschüttertes Vertrauen in die
Zuverlässigkeit der (hronometer wanken zu machen, Ich wäre auch in der That
geneigt gewesen, den Golfstrom über die Chronometer zu stellen, wenn nur
eine Möglichkeit gewesen wäre, die ermittelten Strom- und Temperatur - Ver-
hältnisse irgendwio zu erklären. Da dies aber nicht möglich war, so musste
auch die Zuverlässigkeit des Golfstromes gerechten Zweifeln begegnen und zum
Ansteuern des Landes das Loth schliesslich als sicherster Führer gelten. Im
Laufe des 24. Mai ging der Wind in gleichmässiger Drehung mit Stärke 1 bis 3
von Süd über West durch den ganzen Kompass und endete am Abend mit SW.
Der Strom ergab am Mittag für die letzten 24 Stunden eine Versetzung
nach N 14° W, also wiederum ein ganz unerwartetes Resultat. Am Nachmittag
am 5 Uhr passirten wir mit NNW-Kurs eine durch Stromkabbelung sehr aus-
geprägte Stromgrenze, worauf in kurzer Zeit cine schr rasche Entfärbung des
bis dahin blauen Wassers und ein Sinken der Oberflächen-Temperatur innerhalb
zwei Stunden von 26° auf 17° C. und in weiteren drei Stunden auf 15,3° C,
erfolgte. Damit waren wir jedenfalls in den westlichen Rand des Stromes
getreten und hatten mit Benutzung der ohseryvirten Breite einen ungefährenp