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4. Reise der Rostocker Bark „van den Bergh“, Kapt. B. Rehberg.
In der ersten Hälfte des Juni 1877 verliess dieses nach Valparaiso be-
stimmte Schiff die Mündung der Elbe. Am 15. Juni stand es auf den Aussen-
gründen vor dem Kanal und verfolgte von hier mit umlaufenden, in mässiger
Stärke wehenden Winden, ohne dass sich Erwähnens werthes ereignete, den Weg
nach Süden. 40° N-Br wurde am 23. Juni in 14,8° W-Lg und 30° N-Br am
29. Juni in 21,3° W-Lg erreicht. Schon in 38,2° N-B und 17,6° W-Lg schien
man die nördliche Grenze des Passatgebiets überschritten zu haben; der leichte
Wind ging dort durch N nach NE, frischte bald nachher mehr auf und setzte
das Schiff in den Stand, ohne jede weitere Störung die Weiterreise zu verfolgen.
Am 8. Juli in 9,8° N-Br und 26,1° W-Lg wurde es ganz flau, auch drehte
sich der Wind nach SE; es lag hier zur Zeit die südliche Grenze des Passats.
Ohne vorhergegangene Windstille stellte sich dann der leicht, aber beständig
wehende südwestliche Monsun ein, mit welchem „van den Bergh“ nach Süden
und Osten steuerte.
Bis zum 14. Juli wurde in dieser Richtung gesegelt; als das Schiff sich
an diesem Tage in 5,4° N-Br und 17,1° W-Lg befand und dort der Wind
etwa rw S gefunden wurde, liess Kapt. Rehberg wenden, um zu versuchen,
über St. B.-Bug Süd anzuholen. Der Wind raumte dabei allmählich mehr und
mehr auf, so dass man am 17. Juli in 23,5° W-Lg, nach 34tägiger Reise vom
Kanal ab, den Aequator schneiden konnte. So lange das Schiff mit dem
südwestlichen Monsune segelte, beobachtete man auch eine nach Osten und
gewöhnlich auch nach Süden setzende Strömung von wechselnder, an 2 Tagen
einmal 53 Sm, erreichender Stärke, während in der Nähe der Linie die Aequatorial-
strömung mit stündlicher Geschwindigkeit von 1 Sm angetroffen wurde.
Im Südatlantischen Ocean war der Verlauf der Reise ebenfalls zunächst
ein ganz normaler; man traf recht frischen Passat, welcher auch, die Jahreszeit
in Betracht ziehend, eine nicht zu südliche Richtung hatte. Es wurde 10° S-Br
in 30,8° W-Lg am 22, Juli, 20° S-Br in 36,0° W-Lg@ am 26. Juli und 30° S-Br
in 45,3° W-Lg am 31. Juli gekreuzt. Der eigentliche Passat schien schon in
20° S-Br und 36,0° W-Lg sein Ende zu erreichen; dort lief der Wind nordöst-
lich und beschrieb, frisch wehend, im Laufe der nächsten Woche zwei recht-
laufende Drehungen um den ganzen Kompass. Am 2. August, als das Schiff
sich in ungefähr 35° S-Br und 50° W-Lg befand, überstand es einen sehr
schweren Sturm, welcher aus NE begann, in dem der Wind sich aber nachher
nach WNW und später SW, in welch letzterer Richtung er abflaute, veränderte.
Der niedrigste Luftdruck, welcher während dieses Sturmes beobachtet wurde,
war 755,4mm.
Am 6. August passirte das Schiff in geringer Entfernung die Mündung
des La Plata, man beobachtete hier an diesem Tage einen nordöstlichen Strom,
der eine Stärke von 19 Sm im Etmale hatte. Am folgenden Tage, als man
weiter nach Süden gelangt war, änderte sich die Strömung und nahm die
entgegengesetzte Richtung an; das Schiff wurde dadurch 30 Sm nach SW ver-
setzt. Die Temperatur des Meerwassers nahm von einem Tage zum anderen
um mehr als 8° C. ab. Am 14. August wurde in 44,5° S-Br und 60° W-Lg
die Elsflether Bark „Aeolus“ angesprochen und mit derselben die Greenwicher
Zeit ausgewechselt. Während der Zeit, in welcher man die zwischen 40° bis
50° S-Br liegende Strecke zurücklegte, ereignete sich kein einziger schwerer
Sturm; die dort angetroffenen Winde waren westliche, doch nur von mässiger
Stärke.
Am 18. August erreichte man 50° S-Br in 64,8° W-Lg, 32 Tage nachdem
die Linie passirt war. Die Jahreszeit für die Umsegelung des Kap Horn war
keine für eine schnelle Fahrt günstige.
Am 22. August wurde Staten Island erblickt, dessen östlichste Spitze
umsegelt wurde. Der Wind war zur Zeit östlich, auffrischend, sobald das
Schiff südlich von Kap St. John kam, dadurch eine äusserst erwünschte, seltene
Gelegenheit bietend. Schon am 24. August befand man sich in Sicht von
Diego Ramirez und passirte diese Felsen, getrieben von stürmischem Ostwind,
in kurzer Zeit. Am 26. August hatte man 79,8° W-Lg in 56,1° S-Br erreicht,
in 4 Tagen war also von Staten Island ab die nöthige Länge zurückgelegt