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Full text: 6, 1878

Aus den Reiseberichten S.M.S. „Medusa‘“, Corv.-Capt. Hollmann. 
Hydrographische und meteorologische Beobachtungen während der Reise von 
adeira bis Rio de Janeiro im September und Oetober 1877. 
Von Corv.-Capt, Hollmann. 
Am 12. September 1877 verliess S. M. S. „Medusa“ die Rhede von Funchal 
auf Madeira, um die Reise nach Rio de Janeiro anzutreten, wo das Schiff nach 
einer 37-tägigen Reise am 10. October eintraf, 
Der Kurs wurde zunächst in südwestlicher Richtung derart genommen, 
dass unter Einrechnung des zu erwartenden südwestlichen Stromes, die Cap 
Verde’schen Inseln östlich liegen blieben, da ich mich hinsichtlich des Schneidens 
der Linie und des darauf bezüglichen Weges genau an die in diesen Annalen 
Heft VII. u. VIIL, 1877, mitgetheilten Angaben des Capt. Toynbee zu halten 
beabsichtigte. 
Der südöstliche Wind, verbunden mit einem westsüdwestlichen Strom von 
20 Seem. in 36 Stunden brachte uns am Mittag des 14. September auf 29° Nord- 
Br. und 20° West-Lg. in den NE-Passat. 
Die Richtung desselben war ENE bis Ost (mw.) und seine Durchschnitts- 
stärke 4—5, so dass das Schiff 6 und 8 Seem, die Stunde zurücklegte und den 
18, September des Morgens 20° Nord-Br. und etwa 24° West-Lg. überschritt. 
Bis dahin hatte der Strom mw. S 50° W—S 70° W 17 Seem. in 
24 Stunden gesetzt. Bemerkenswerth war die gegen das Normalmittel wesent- 
lich abweichende Höhe des Luftdrucks, denn zwischen 30° und 25° Nord-Br. be- 
obachtete man einen Durchschnittsstand des Barometers von 767.9mm bei 24.5° 
Lufttemperatur, gegen 764.ssmm und zwischen 25° und 20° Nord-Br. 766.0mm 
bei 25.6° "Temperatur gegen 762,75mm. 
Am 19. September Mittags befanden wir uns auf 17° Nord-Br. und 251/4° 
West-Lg., der Strom hatte seit dem 18. nach mw. S75° W 10,5 Sem. gesetzt. 
Von hier aus beabsichtigte ich nach Toynbee’s Rath, rechtweisend Süd zu 
steuern, so lange der Wind günstig blieb, mit schralem Wind jedoch über Back- 
bordbug neben Ost soviel Süd, als möglich, gut zu machen, also hinsichtlich 
des Schneidens der Linie die östliche Route einzuschlagen. ; 
Höchst unerwarteter Weise trat eine wesentliche Aenderung des Wetters 
schon am 19. September Nachmittags ein, die ich anfänglich der Position in 
Lee der Inseln zuschrieb, die aber doch der Anfang des Endes vom Passat sein 
sollte. Der Wind verlor seinen Passat-Charakter und wurde unstät in Richtung 
und ‚Stärke, der Himmel bezog sich mit einem Male, und die anfänglichen 
Regenschauer arteten am Abend in heftige Regenböen aus, die Luft wurde 
unangenehm regenschwül, und am südlichen Horizont zeigte sich starkes Wetter- 
leuchten, In der Nacht zum 20. September und am folgenden Morgen ging der 
Wind über ESE (7) nach SE (5-4) und SSE (0—1) herum, während das Baro- 
meter von 12* bis 4" a. m. um 3.smm und zwar von 76l.s auf 758.0mm gefallen 
war. Am Vormittag sprang der Wind nach NW (1) und ging bis Mittag, an 
Stärke gleichmässig zunehmend, nach WSW (7) zurück. 
Nach einer siebenstündigen steifen, von anhaltendem Regen begleiteten, 
Brise aus dieser Richtung, begann das Wetter mit eintretendem SW (3—4) auf- 
zuklaren, das Barometer stieg wieder auf 76l1.smm, und die bis dahin aus öst- 
licher und westlicher Richtung laufende hohe, unregelmässige Dünung ging 
herunter. Dies war der Uebergang in den SW-Monsun, der freilich, da er zwischen 
16° und 15° Nord-Br. stattfand, 2—3° nördlicher eintrat, wie ihn die Wind- 
karte erwarten liess, (Vgl. Taf. IV. zu Heft VIII dieser Annalen, 1877.) 
Am Mittag waren sieben Mitsegler in Sicht, die, wie der Wind schralte, 
alle über Backbord-Bug gingen, wohl ein Beweis, dass wir uns auf der grossen 
Fahrstrasse der nach Süden bestimmten Schiffe befanden. 
Ebenso auffallend wie der frühe Windwechsel war die Thatsache, dass 
wir von 17° bis 14° 30‘ Nord-Br. schon eine Stromversetzung von 20 Seem. nach 
Ost in 24 Stunden erfuhren, uns also schon unter dem Einfluss des Guinea- 
Stromes befanden, dessen nördliche Grenze eigentlich doch nicht auf 12° liegen 
soll. (Vgl. Taf. IV. zu Heft VIII. dieser Annalen 1877.) 
') S. Ann, d, Hydr. 1877, pag. 608 u. 612.
	        
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