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Man schnitt 30° N-Br in 19,1° W-Lg am 21. Juni und als man in 26,7° N-Br
und 20,5° W-Lg den NE-Passat erreicht hatte, konnte noch schneller Breite
abgelaufen werden. Kapt. Mehlhose liess hier so steuern, dass er mit seinem
Schiffe, als in 10,2° N-Br die südliche Grenze des Passates erreicht wurde,
in 22,1° W-Lg stand. Hier lief der Wind, fast ohne jede Unterbrechung
durch Windstille, über Süd nach SW und frischte bald zum lebhaften Monsun
auf, in dessen Gefolge sich eine, wenn auch vorerst nur schwache Ostströmung
bemerkbar machte. Als sich das Schiff der Küste mehr näherte, wurde dieser
Strom zwar stärker, jedoch im Ganzen nicht so stark und regelmässig, wie
er hier sonst in der Regel zu dieser Jahreszeit angetroffen wird. Am 10. Juli
lief man die Küste von Afrika in etwa 9° W-Lg an, worauf dann zum Zwecke
der Anbordnahme von Negern in der geringen Entfernung von 2 Sm länge der-
selben weitergesegelt wurde. Bald war der beabsichtigte Zweck erreicht, und
begünstiget von frischem Südwinde und der hier mit einer Stärke von 32 Sm
im Etmale laufenden Guineaströmung, konnte die Weiterreise nach Osten fort-
gesetzt werden. Am 13. Juli wurde in 3,4° N-Br der Meridian von Greenwich
geschnitten; von hier ab hörte der Strom. fast ganz auf, doch wurde bei böiger
Witterung der Wind frischer, und sind hier Wachen im Journale vermerkt, in
denen das Schiff im Durchschnitt über 10 Sm in der Stunde Hef, Die Insel
Fernando Po südlich umsegelnd, erblickte man am 17. Juli die feste Küste
Afrika’s wieder und liess noch an demselben Tage im Cameroon-Fluss den
Anker fallen, nach einer sehr günstigen Reise, die vom Kanale her nur eine
Dauer von 37 Tage hatte,
Nachdem die „Aline“ vom Cameroon-Flusse nach Kloby versegelt war,
verliess sie letzteren Platz am 7. Oktober um nach Hamburg zurückzukehren.
Der frisch wehende südliche Wind wurde von Anfang an so raum angetroffen,
dass das Schiff, trotz des stündlich fast 1 Sm nach Norden setzenden
Stromes, doch noch Süd anholen konnte. Am 8. Oktober wurde die Insel
St. Thomas geschen und schon am 12. Oktober zugleich mit dem Meridian von
Greenwich auch der Aequator überschritten. Begünstigt von der sich hier be-
merkbar machenden Westströmung, die jedoch während der meisten Tage kaum
eine Schnelligkeit von 12 — 15 Sm erreichte, bemühte sich der Kapitain, mit
dem frisch wehenden Winde noch immer Süd zu machen. Recht West wurde
erst gesteuert, als ungefähr 2° S-Br erreicht war, In 1,7° S-Br und 14,5° W-Lg
lief der Wind von Süd nach SSE um und wurde zum eigentlichen Passate. In
24,2° W-Lg, einem empfehlenswerth westlichen Schnuittpunkte, passirte die
„Aline“ am 20. Oktober dann wieder die Linie, nach einer bis dahin sehr be-
friedigenden Reise, In den 13 Tagen, welche das Schiff bis hierher gebraucht
hatte, wurde zweimal der Aequator geschnitten und 33° der Länge abgelaufen.
Dies günstige Resultat ist wohl zum nicht geringen Theil der zweckmässigen
Wahl der Route zuzuschreiben. Indem Kapitain Mehlhose den Fehler vermied,
in welchen die Schiffsführer auf diesen Reisen so häufig verfallen, und durch
welchen die Heimreisen von der Ostküste Afrikas oftmals so sehr verlängert
werden, — dass sie nämlich nicht gleich von Beginn der Reise an energisch
genug nach Süden stehen und in den vollen Bereich der südlichen Winde und
des Passates zu gelangen streben, vielmehr zu frühzeitig nach Westen stehen
und den Aequator zu weit östlich wieder schneiden — gelangte er in ein
Gebiet günstiger frischer Winde und sicherte sich so den Erfolg seiner Reise.
Wieder auf der nördlichen Halbkugel angelangt, wurde ein rechtweisender
Nordkurs verfolgt, in Folge dessen schon nach zwei Tagen in 4,7° N-Br und
25,7° W-Lg der SE-Passat aufhörte und das Schiff den Stillengürtel erreichte.
Dieser erstreckte sich bis nach 8,4° N-Br; dort wurde in 26,3° W-Lg am
28, Oktober der NE - Passat angetroffen. Oestliche Strömung war im Stillen-
gürtel die vorherrschende; an einem Tage lief dieselbe mit einer Schnelligkeit
von 30 Sm; südwestlichen Wind dagegen traf man nur noch für einige Wachen.
Vom NE-Passat begleitet erreichte die „Aline“ 20° N-Br in 35,4° W-Lg
am 2, November und 30° N-Br in 42,6° W-Lg am 6. November; in 32,4° N-Br
und 42,7° W-Lg überschritt man am 7. November seine polare Grenze.
Nachdem dann in 34° N-Br noch für einige Tage stürmischer NE-Wind ange-
troffen worden war, setzten westliche Winde ein, die in der Folge oft zum
Sturme zunahmen, So überstand das Schiff am 13. und 14, November in ungefähr
Ann. d. Hyar., 1873, Heft 111 (März).