Zusammenfassung
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Nordseezustand 2004
druck im Mittel von Süden (Azorenhoch) nach Norden (Islandtief) ab (Westwind), auf
kurzen Zeitskalen ist aber auch ein entgegengesetztes Gefälle möglich (Ostwind).
Dieses Schwingungsverhalten des Luftdrucks heißt Nordatlantische Oszillation
(NAO), der Index, der den Schwingungszustand anzeigt, NAO-Index. Mit dem NAO-
Zustand konforme Verstärkungen (+) bzw. Abschwächungen (-) der Zonalzirkulation
über der Nordsee traten im September (+), Oktober (-) und Dezember (+) ein. Extre
me NAO-Zustände im April (+) und Juni (-) ereigneten sich hingegen gemeinsam mit
entgegengesetzten Zirkulationsanomalien im Nordseeraum. Der Zusammenhang
zwischen der Zirkulationsstärke in beiden Gebieten ist ein statistischer und auf das
Winterhalbjahr beschränkt. Der Winter NAO-Index (DJF-Quartal) war mit -0.6
schwach negativ und weist auf eine relativ stark mäandrierende Zirkulation hin.
Der aus täglichen Luftdruckfeldern im Meeresniveau abgeleitete Wetterlagenka
lender für die Nordsee ist ein wichtiges Hilfsmittel zur Interpretation von anomalen
Zuständen und besonderen Ereignissen, die (un)mittelbar mit der atmosphärischen
Zirkulation in Zusammenhang stehen. Bzgl. der Wetterlagen selbst wird festgehalten,
dass antizyklonale Lagen A (Hochdruck), die unter den 27 Typen die stärkste Fraktion
bilden, gegenüber dem Vorjahr (27 %) erheblich seltener auftraten (19 %). Der Anteil
der NW, ANW und CNW-Lagen hat sich seit 2002 schrittweise auf insgesamt 15 %
verdoppelt. Die Sturmfrequenz stieg von 16 (2003) auf 20 Tage an. Starke und sehr
starke Stürme blieben jedoch aus.
Eine robuste Wetterlagenstatistik auf monatlichen und saisonalen Zeitskalen wur
de mit den reduzierten Haupttypen A, C (Tiefdruck), NE, SE, SW und NW durchge
führt und anhand empirischer Verteilungen bewertet. Während übers Jahr nur NW- (80
Tage) und NE-Lagen (13 Tage) ungewöhnlich häufig bzw. selten auftraten, waren sig
nifikante Abweichungen auf kürzeren Zeitskalen nicht auf diese Typen beschränkt. Be
sonders erwähnenswert erscheint das Alternieren teils extremer SE- und NW-Anoma-
lien im April/Mai sowie von August (SE) bis November (NW). Während im relativ kalten
Vorjahreswinter (JFM) A-Lagen mit 46 Tagen dominant waren, führte eine hohe Tief
druckaktivität im Januar und Februar 2004 erheblich mildere Wintertemperaturen her
bei.
Die Analyse saisonaler Luftdruckfelder ergab nur geringe Abweichungen von den
klimatologischen Verteilungen (1971 -2000) hinsichtlich Muster und Intensität, so
dass die atmosphärische Zirkulation auf diesen Zeitskalen als »normal« zu bewerten
ist. Diese Normalität resultierte jedoch aus der Balancierung und Nivellierung entge
gengesetzter, teils erheblicher Anomalien auf kürzeren, monatlichen Zeitskalen. Die
monatlichen Anomaliefelder wiesen drei wiederkehrende Grundmuster auf, nämlich N
(2 = Feb, 5, 11), W (6, 9, 12) und SE (1,4, 8, 10), die mehrheitlich die Meridionalkom-
ponente des Windfeldes betrafen und deshalb im Nordseesektor einen verstärkten
Austausch thermischer Energie zwischen niederen und hohen Breiten anzeigen.
Anhand der klimatologischen Trajektorie des Nordseewindes wurde der jahreszeit
lich wechselnde Einfluss von Islandtief und Azorenhoch verdeutlicht. Gleichförmig
kräftige Winde aus WSW prägen von Oktober bis März die kalte Jahreshälfte, welche
unvermittelt in eine Stagnationsperiode im April und Mai übergeht, für die sich keine
bevorzugte Windrichtung angeben lässt (»der April macht, was er will«). Im Verlauf
des Frühjahrs setzt sich der Einfluss des Azorenhochs durch. An dessen Nordrand
auftretende schwache WNW-Winde sind ab Juni charakteristisch für den Durch
schnittssommer im Nordseegebiet.