3 Physikalische Ozeanographie
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Nordseezustand 2004
ve Mächtigkeit nördlich 59° N und die gegenüber dem Vorjahr extensivere Westaus
dehnung der salzarmeren Wasserschicht, die entlang 60° N bis 1 ° E vordrang. Im Ein
klang mit diesem Befund stehen die erhöhte Tiefdruckaktivität in den Sommermona
ten (Abb. 2-11, S. 50), die stationäre SE-Wetterlage in der ersten Augusthälfte (Tab. 2-1,
5. 39) und ein starker Ausstrom von Ostseewasser im Juli und August (Abb. 3-3, S. 67).
Entlang 57° N und südwärts erstreckte sich die Wassermasse mit Salzgehalten > 35
fast bis zur britischen Küste, während sie östlich etwa 4° E in den oberen Dekametern
stark erodierte. Diese scheinbare Westverlagerung salzreichen Wasser, welches im
Sommer 2003 die zentrale Nordsee ausfüllte, könnte eine Konsequenz der auf monat
lichen Zeitskalen wechselnden Anomalien des meridionalen Windantriebs sein (vgl.
5.55, 5.64).
Aufgrund der insgesamt eher dürftigen Datenlagen sind Aussagen zu den Auswirkun
gen des wechselnden Atlantikeinflusses auf Primärproduktion oder Artenzusammen
setzung schwierig. Mit dem beobachteten verstärkten atlantischen Einstrom dürften je
doch mehr Nährstoffe in die Nordsee transportiert worden sein, so dass in der nördli
chen und westlichen Nordsee eine intensivere Primärproduktion möglich gewesen
sein sollte.
3.5.2 Nördliche Randbedingungen
Analyse und Bewertung, aber auch die Modellierung raumzeitlicher Veränderungen
der Nordsee setzen Kenntnisse der hydrographischen Bedingungen an den System
grenzen zum Nordatlantik voraus, die sich aus Langzeitbeobachtungen an festen Sta
tionen und neuerdings aus Messprofilen autonomer Treibkörper gewinnen lassen. An
dieser Stelle werden deshalb zunächst die Salzgehaltskonditionen im Jahr 2004 an re
präsentativen Positionen im Einstrombereich der nördlichen Nordsee im Kontext der
langfristigen Entwicklung betrachtet. Anschließend wird beispielhaft anhand von Salz
gehaltsprofilen, die im Herbst 2003 mit einem norwegischen Argo-Float am Nordrand
zum Atlantik gemessen wurden, die hohe Variabilität des Salzgehalts in diesem See
gebiet illustriert. Die Drifttrajektorie dieses Treibkörpers sowie die Positionen britischer
CTD-Stationen im >Fair-Isle Current< (FIC) und >Faroe-Shetland Channel« (FSC) sind
Abb. 3-30 zu entnehmen.
Abb. 3-31 zeigt die zeitliche Entwicklung des oberflächennahen Salzgehalts im FIC ge
meinsam mit derjenigen im salzreichen Kern des FSC als Abweichungen von klimato-
logischen Mittelwerten des Zeitraums 1971 -2000; zur besseren Vergleichbarkeit
wurden die FSC-Anomalien um einen Faktor 3 überhöht dargestellt.
Charakteristisch für beide Zeitreihen sind quasizyklische Variationen im Periodenbe
reich von 6-9 Jahren, der bekanntlich hohe Varianzanteile im Spektrum des NAO-
Index oder auch des Kerndrucks des Islandtiefs enthält (z. B. Loewe und Koslowski
1998). Ähnlichkeit und Eintrittszeitverschiebung der Salzgehaltssignale lassen auf
eine hohe Lag-Korrelation schließen. Im Gegensatz zu den Salzgehalten im FIC be
finden sich diejenigen im Nordatlantikwasser des FSC seit Mitte der 1990er Jahre in
einem signifikanten Aufwärtstrend, der im Jahr 2004 zur stärksten positiven Anomalie
im betrachteten Zeitbereich führte. Der im Rahmen des gegenwärtigen Zyklus seit
2001/2 wiederzunehmende Salzgehaltan beiden Positionen befindet sich im Einklang
mit der Ausbreitung atlantischen Bodenwassers in der Nordsee (vgl. Tab. 3-10,5.106).
Besonders die für das Haupteinstromgebiet von Atlantikwasser repräsentativen Salz