Grußwort
Prof. Dr. Gerold Siedler
Vorsitzender der Senatskommission für Ozeanographie
der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft schickt durch mich den Nachfolgern der Norddeut-
schen Seewarte, also dem Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie und dem Seewetteramt
des Deutschen Wetterdienstes herzliche Glückwünsche zu diesem bemerkenswerten 125jährigen
Jubiläum. Durch die wechselvolle Geschichte von der Gründung des Hydrographischen Dienstes
(1861), der Norddeutschen Seewarte (1868) und des Marineobservatoriums (1874) über das
Deutsche Hydrographische Institut zum heutigen Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie
und zum Seewetteramt zieht sich wie ein roter Faden die Wechselbeziehung zwischen diesen
Meeresbehörden und den Institutionen der marinen Grundlagenforschung. Es war im Laufe der
vergangenen 125 Jahre ein echtes Geben und Nehmen, einmal durch den Wechsel von Wissen-
schaftlern zwischen dem akademischen und dem Behördenbereich und zum anderen durch
gemeinsame Untersuchungen und die gemeinsame Nutzung von Ergebnissen.
Es ist kein Zufall, daß die Autoren der wichtigsten frühen meereskundlichen Lehrbücher
in Deutschland, Gerhard Schott und Otto Krümmel, beide zeitweise bei der Seewarte gearbeitet
haben. Der Kapitän und spätere Fahrtleiter der berühmtesten deutschen Expedition in der
Meeresforschung, der Atlantischen „Meteor‘“-Expedition 1925 bis 1927, E Spieß, war etwa ein
Jahrzehnt lang Direktor der Deutschen Seewarte, und zwei prominente Präsidenten des Deut-
schen Hydrographischen Instituts wurden durch das früher zentrale Meeresforschungsinstitut
Deutschlands, das Berliner Institut für Meereskunde, wesentlich geprägt: Herr Böhnecke und
Herr Roll.
Die Wechselbeziehung über Personen ging weiter in der nächsten Generation. Als ich
Anfang der 60er Jahre in die Meeresforschung kam, war Günter Dietrich gerade vom DHI an
die Universität Kiel gekommen, und die Zusammenarbeit des DHI mit den Universitätsinstituten
in Hamburg und Kiel war für uns schon deshalb unverzichtbar, weil es nur beim Verkehrs- und
beim Landwirtschaftsminister, das heißt beim DHI und bei der Bundesforschungsanstalt für
Fischerei hochseetüchtige Forschungsschiffe gab, nämlich die alte „Gauß“ und die „Anton
Dohrn“. Am engsten war die Zusammenarbeit in neuerer Zeit von 1964 bis 1984, als das
Deutsche Hydrographische Institut Reeder des zweiten Forschungsschiffes „Meteor‘“ war und
die Senatskommission für Ozeanographie der Deutschen Forschungsgemeinschaft regelmäßig
im DHI zu ihren Sitzungen zusammenkam. Manches, was damals in gemeinsamer Arbeit an
Bord an Erfahrungen gesammelt wurde, hatte Einfluß auch auf die hoheitlichen Aufgaben des
DHI. Ich erinnere nur an die Erfahrungen mit dem ersten integrierten Navigationssystem, das
auf der „Meteor‘“ durch zahlreiche Kinderkrankheiten ging, als sich noch kaum jemand vorstellen
konnte, welche Möglichkeiten sich in den 90er Jahren mit dem „Global Positioning System“,
mit elektronischen Seekarten und mit integrierten Navigations- und Steuersystemen für Schiff-
fahrt und Forschung ergeben würden.
Natürlich ging auch der Wechsel von Personen später weiter, und ich freue mich immer
wieder, wenn ich heute manche meiner früheren Diplomanden als Mitarbeiter des BSH wieder-
finde. Die personelle Wechselwirkung zwischen den Verwaltungen und den Forschungsinstitutio-
nen seit den frühen Jahren der Norddeutschen Seewarte ist natürlich kein Zufall. Zur Erfüllung
hoheitlicher Aufgaben im Bereich des Meeres und der meeresnahen Atmosphäre wird die Basis
neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse benötigt. Dies gilt um so mehr wegen der hinzuge-
kommenen Aufgaben im marinen Umweltbereich. Diese naturwissenschaftlichen Erkenntnisse
werden vor allem in den Forschungsinstitutionen gewonnen. Ich erinnere nur an das Beispiel
der Nutzung von Satellitendaten oder die Entwicklung numerischer Modelle in Forschungsinsti-
tuten mit ihrer späteren Nutzung für Vorhersagezwecke. Auf der anderen Seite gibt es Aufgaben,