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Tiefdruckgebiet dreht der Wind in einem relativ großen Gebiet SO - SW und nimmt an der
Vorderseite der gewöhnlich mit dem Tiefdruckzentrum verbundenen Front an Stärke zu. Die
Wnde an solchen Fronten drehen scharf auf NW, N und vorübergehend sogar NO. Das
ganze System verlagert sich nach S - SO, während sich eine starke nördliche Luftströmung
hinter dem Tiefdruckgebiet einstellt, und überdeckt schon bald das gesamte Ostseegebiet.
Diese Phase der Sturmflut, wenn der auflandige Sturm aus nördlicher Richtung die südlichen
Küstengewässer erreicht, markiert den Beginn des Wndstaus. Dieser Phase geht manchmal
ein vorübergehendes Sinken des Wasserstandes voraus infolge starker küstenparalleler
oder ablandiger Wnde vor der Front.
Sturmfluten aufgrund der obigen meteorologischen Lage waren z.B. der Wndstau am 25,-
26. Dezember 1976, 29.-30. November 1988, 1.-4. Januar 1995 und 2.-4. November 1995.
5.2 Durchzug eines stürmischen Tiefdruckgebiets über die Ostsee
Ein relativ hoher Anteil der Tiefdrucksysteme, die an der südlichen Ostseeküste zu
Wndstaus und Sturmfluten führen, ziehen zwischen ca. 60° N und der südlichen Küste über
die Ostsee. Auf der Vorderseite solcher das Ostseebecken überquerender Tiefdruckzentren
entstehen an der südlichen Ostseeküste ablandige Wnde, gefolgt von auflandigen Wnden
nach ihrem Durchzug in östlicher Richtung. Die relativ regelmäßige, kreisförmige
Wndverteilung um das Sturmzentrum herum wird in der Regel durch ein System
atmosphärischer Fronten beeinflusst, das mit dem Zentrum verbunden ist. Abhängig von der
Zugrichtung des durchziehenden Tiefdruckgebietes - über Südschweden, die südlichen
Ostseebecken oder über Land entlang der südlichen Ostseeküste - hat der Durchzug an den
verschiedenen Küstenabschnitten unterschiedliche Wrkungen.
a) Zieht das Tiefdruckgebiet über Südschweden, so entstehen an den südlichen
Ostseeküsten südliche Wnde. Die in dieser Gegend häufigen starken Wnde können
zunächst zu einem raschen Absinken des Wasserstandes führen. Auflandige Wnde
entstehen an der südlichen Küste erst nach Durchzug des Tiefdruckgebiets in östlicher
Richtung, wenn die atmosphärische Front die Küstenlinie überquert hat. Der Wechsel zu
nördlichen bis nordöstlichen Wndrichtungen kann sehr abrupt sein, mit sofortiger heftiger
Auswirkung auf die Küstengewässer.
b) Zieht das Tiefdruckgebiet über die südlichen Ostseebecken, so herrschen anfänglich im
Küstenbereich Wnde aus SW - SO vor. Danach kann sich der Wnd kurzfristig
abschwächen, bevor er nach NO dreht, rasch auf Sturmstärke zunimmt und nach Drehung
auf SO - SW zu einem stundenlang anhaltenden (küstenparallelen) Weststurm anwachsen
kann. Im Anschluss daran dreht der Wnd scharf nach NO - N. Verläuft die atmosphärische
Front (Linie, an der die Wndrichtung wechselt) genau entlang der Küstenlinie, so kann die
Abfolge der Wndrichtungen vom normalen Muster abweichen, verbunden mit einer
Änderung der Sturmflutphasen.
c) Zieht das Tiefdruckgebiet über Land entlang der südlichen Ostseeküste, so erfasst die
Wndstreichlänge der starken SO-SW-Wnde nicht die gesamten Küstengewässer, und die
SO-O-Wnde im Vorfeld des Tiefdruckgebiets beeinflussen lediglich ein begrenztes Gebiet
über den südöstlichen Becken, was zu einem recht langsamen Absinken des Wasserstandes
führt oder gar keinen Einfluss darauf hat. Hinter dem Tiefdruckgebiet führt der Sturm aus
NO - N zu einem raschen Anstieg des Wasserstandes, zuerst in den westlichen Küstenab
schnitten. Während sich das Tiefdruckgebiet ostwärts verlagert, werden nacheinander alle
Abschnitte der südlichen Küste von der Sturmflut betroffen. Der Höchststand des Windstaus
kann in den östlichen Teilen der Küste mehrere Stunden später als in den östlichen
eintreten.