3 Physikalische Ozeanographie
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Nordseezustand 2003
bildet. Die häufig geäußerte Ansicht, »über der Doggerbank tritt nie Schichtung auf«,
ist unzutreffend.
Einen Einblick in die jahreszeitliche Entwicklung der Temperaturschichtung in der
Deutschen Bucht bieten die Messdaten der MARNET-Stationen (Abb.3-21). Trotz der
Ausfallzeiten und Datenverluste infolge technischer Probleme bleibt der Jahresgang
der Schichtung durch Kombination der Datensätze erkennbar. Infolge des im April
noch relativ hohen, durchmischend wirkenden kinetischen Energieeintrags, setzte
erst in der dritten Mai-Dekade 2003 der Aufbau vertikaler Schichtung ein. Die Sprung
schicht vertiefte sich an der Station >NSB ll< in der nördlichen Deutschen Bucht be
ständig, bis Anfang September die gesamte Wassersäule von der sommerlichen Er
wärmung erfasst war und eine verspätete Abkühlung einsetzte.
3.4.4 Wärmeinhalt
Seit 1998 führt das BSH jeweils in den Sommermonaten Juli oder August eine hydro
graphische Gesamtaufnahme der Nordsee durch. Die auf diesen Reisen gewonnenen
Daten bilden die Hauptinformationsquelle für den Nordseezustand in dieser Jahres
zeit. Eine u. a. im Hinblick auf die Klimaerwärmungsdiskussion wichtige integrale Zu
standsvariable ist der Wärmeinhalt der Nordsee, der sich aus diesen Daten abschät
zen lässt.
3.4.4.1 Wärmeinhalt im Sommer 2003 (Beobachtungen)
Grundlage für die Abschätzung des Wärmeinhalts im Sommer 2003 waren aus den
Messdaten des Schleppsystems >Delphin< abgeleitete Temperaturen, Salzgehalte
und Dichten, die auf breitenparallelen Schnitten mit einer vertikalen Auflösung von
1 dbar (ca. 1 m) vorliegen. Diese Variablen wurden über Distanzen von 10 km gemit
telt. Die aufgrund der begrenzten Tauchtiefe (120 m) und der notwendigen Sicher
heitsabstände des oszillierenden Delphins zu Meeresboden und -Oberfläche entstan
denen Datenlücken wurden mit den Werten an den Umkehrpunkten aufgefüllt.
Für die in Abb. 3-22 dargestellte geographische Verteilung des Wärmeinhalts im Ein
heitsvolumen <H> (J/m 3 ) wurden die lokalen, über die Einheitswassersäule integrier
ten Wärmeinhalte H (J/m 2 ) durch die - aus der digitalen Bathymetrie des Dansk Hy
draulik Institut bestimmten - Wassertiefen dividiert
<H> = I^pkPkWl^hk-
Darin bezeichnet k den Laufindex über die vertikalen Schichten der Dicke h, p und T
die zugehörige Dichte und Temperatur. Die spezifische Wärme c p wurde als Funktion
von Salzgehalt, Temperatur und Druck bestimmt (Morgan 2003, Fofonoff und Mil
lard 1983). Der über die Wassersäule gemittelte Wärmeinhalt <H> ist demnach eine
Energiedichte, die hier relativ zu <H> = 0 für T = 0 °C angegeben wird.
In den auf das Einheitsvolumen bezogenen Wärmeinhalten im August 2003 spiegelt
sich einerseits die vertikal gemittelte Temperaturverteilung, andererseits auch die
Temperaturschichtung (Abb. 3-22). In den flachen, durchmischten Gebieten der südli
chen Nordsee wurden die höchsten Wärmeinhalte pro m 3 beobachtet, in den saison
bedingt geschichteten Regionen der zentralen und nördlichen Nordsee sowie der Nor
wegischen Rinne die niedrigsten.