3.4 Temperatur
Nordseezustand 2003
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bei den kontinentalen Winden ein Anstieg um 59 % beobachtet wurde (»MarSum« =>
»ConSum«), Änderungen in Geschwindigkeit und Richtung waren im Winter in etwa
ausgeglichen; im Sommer hingegen fielen Richtungsänderungen deutlich höher als
Geschwindigkeitsänderungen aus.
3.4.2.3 Schlussbemerkungen
Das bi-stabile Verhalten der Nordsee-SST wirft Zweifel am Nutzen üblicher >Climato-
logical Normals« o. a. >CliNo-Klimatologien< auf, denn in MischMasch-Regionen wie
der Nordsee ist die solchen Klimatologien zugrunde liegende Annahme klimatischer
Stationarität verletzt. Der »Signifikante-Abweichung-vom-Normalzustand-Alarm« wird
nahezu ständig ausgelöst (cf. Abb.3-18), weil die Alarmvorrichtung von einer signifi
kanten Änderung des Normalzustands nichts »ahnt«. Eine Lösung könnte darin be
stehen, die Signifikanz von Anomalien aus einer gemischten (bimodalen) Wahr
scheinlichkeitsdichtefunktion zu schätzen, welche dem Bistabilitätsphänomen Rech
nung trägt.
Die Ergebnisse hinsichtlich der hybriden und gegensätzlichen Windverteilungen in
den verschiedenen SST-Regimes wurden für das Kaltregime 1978 - 1987 und die re
zente Warm-Episode gefunden. Die Robustheit dieser Resultate sollte überprüft wer
den, z. B. indem die Analyse auf die lange SST-Zeitserie von Helgoland Reede aus
gedehnt wird.
Schließlich erscheint es nützlich, die veränderlichen Windcharakteristika über der
Nordsee im Zusammenhang mit den großräumigen (anomalen) Eigenschaften der all
gemeinen atmosphärischen Zirkulation zu untersuchen. Die winterlichen Windverhält
nisse über der Nordsee korrelieren mit den Präferenzen der Nordatlantischen Oszilla
tion für ihre negative Phase während des Kaltregimes - bzw. für ihre positive Phase
im gegenwärtigen Warmregime (Loewe et al. 2003). Ein ursächlicher Zusammen
hang zwischen der Nordatlantischen Oszillation und dem Alternieren der sommerli
chen Windverhältnisse erscheint hingegen unwahrscheinlich, obgleich dem Azoren
hoch eine Schlüsselfunktion zukommen dürfte.
3.4.3 Temperaturschichtung
Weite Gebiete der Nordsee sind im Sommerhalbjahr thermisch geschichtet. Diese
vertikale Temperaturschichtung bildet sich in tieferen Seegebieten aus, in denen sich
die am Meeresboden erzeugte Gezeitenstromturbulenz nicht bis in die winddurch
mischte Oberflächenschicht auswirkt. Hier werden in der Übergangszone teilweise
extreme Temperaturgradienten von mehr als 10 °C innerhalb weniger m gemessen.
Diese saisonale Temperatursprungschicht wird als Thermokline bezeichnet und stellt
für den Energie- und Stofftransport eine Barriere dar, die im Extremfall vertikale Trans
porte verhindert. Überlappen sich hingegen beide Vermischungszonen, tritt allenfalls
kurzzeitig ein thermischer Gradient in Oberflächennähe auf, der entweder durch den
Seegang, oder aber durch nächtliche Abkühlung und Konvektion schnell wieder ab
gebaut wird.
Abhängig vom Wechselspiel zwischen thermischem Energieeintrag (Solarstrahlung,
fühlbarer Wärmestrom) und kinetischer Energiezufuhr (Windsee, auch Dünung) bil
den sich eine oder auch mehrere thermische Sprungschichten aus, deren Tiefen von
Jahr zu Jahr variieren. Gegenwärtig liegt für die Nordsee noch keine Klimatologie der
Sprungschichttiefe vor, da die »alten« hydrographischen Datensätze mit diskreten