Nordseezustand 2003
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3 Physikalische Ozeanographie
Die Nordsee ist ein relativ flaches Schelfmeer, das über die enge Straße von Dover im
Südwesten und eine weite Öffnung im Norden mit dem Nordatlantik verbunden ist. Die
komplexen hydrographischen Verhältnisse sind einerseits durch den nördlichen Ein
strom atlantischen Wassers mit Salzgehalten > 35, andererseits durch erhebliche
Süßwassereinträge über die Flüsse und den Ausstrom von salzarmem Ostseewasser
über das Kattegat / Skagerrak bedingt. In der geographischen Salzgehaltsverteilung,
die relativ geringen jahreszeitlichen Änderungen unterliegt, bildet sich die mittlere zy-
klonale Nordseezirkulation ab.
Während die gesamte Nordsee in der kalten Jahreszeit vertikal durchmischt ist, bildet
sich im Sommerhalbjahr in weiten Seegebieten, in denen sich die am Meeresboden
erzeugte Gezeitenstromturbulenz nicht bis in die winddurchmischte (Windsee und Dü
nung) Oberflächenschicht auswirkt, eine thermische Schichtung aus. Im Übergangs
bereich zwischen Oberflächen- und Bodenschicht, der sog. saisonalen Temperatur
sprungschicht, werden starke vertikale Temperaturgradienten beobachtet. Die Tiefe
und Ausprägung dieser Temperatursprungschicht bildet in der »Vegetationsperiode«
eine wichtige Randbedingung für biogeochemische Prozesse, die oberhalb (Produk
tion von Biomasse) und unterhalb der sperrenden Sprungschicht (Abbau) komple
mentärer Natur sind.
Das BSH erfasst über sein marines Umweltmessnetz >MARNET< mit vier Messstatio
nen in der Deutschen Bucht, eine Vielzahl von Küsten- und Hochseepegeln und Eis
beobachtungsstationen, aber auch durch Nutzung der Fernerkundung für den Nord
seezustand relevante Messdaten. Besondere Bedeutung kommt der schiffsgebunde
nen räumlichen Umweltüberwachung zu, bei der viele physikalische und chemische
(auch biologische) Variablen gleichzeitig sowie an identischen Positionen bestimmt
werden, so dass eine interdisziplinäre Interpretation und Bewertung möglich wird. Ins
besondere die seit 1998 in den Sommermonaten zum Zeitpunkt maximaler Schich
tung mit dem Forschungsschiff >Gauss< durchgeführten Gesamtaufnahmen der Nord
see bilden eine wichtige Voraussetzung für die Einschätzung des Nordseezustands.
Durch solche quasi-synoptischen und systematischen Beobachtungen wird eine Da
tenbasis geschaffen, die nicht nur die räumlichen und zeitlichen Veränderungen des
Nordseezustands dokumentiert und interpretierbar macht, sondern auch für die Vali
dierung hydrodynamischer und ökologischer Modelle Relevanz hat.
In den anschließenden Unterkapiteln werden die Besonderheiten der wesentlichen
ozeanographischen Zustandsvariablen - nämlich Strömungen, Temperatur und Salz
gehalt - im Jahr 2003 dokumentiert und eingeordnet. Ferner werden Seegangs- und
Meereisverhältnisse, aber auch integrale Zustandsgrößen wie Zirkulationsstatistik,
Volumentransporte durch die Nordseeeingänge und Wärmeinhalt behandelt. Der Re
gimecharakter der Nordseetemperatur, dem auch hinsichtlich der Artenzusammen
setzung besondere Bedeutung zukommt, wird im Abschnitt Mischmasch-Klima im Zu
sammenhang mit regimetypischen Windbedingungen diskutiert.