4 Meereschemie
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Nordseezustand 2003
Im Gegensatz zu den »klassischen«, unpolaren Schadstoffenbesitzen die meisten
modernen Pflanzenbehandlungsstoffe häufig polare Eigenschaften und sind oft auch
weniger persistent. Sie umfassen eine Vielzahl verschiedener Stoffgruppen, so dass
ihre Analytik schwierig und aufwendig ist. Infolgedessen sind Kenntnisse über ihr Vor
kommen in der Umwelt weniger umfangreich. Neben den in der Wasserrahmenricht
linie der Europäischen Union (EU-WRR) gelisteten Pestiziden werden im BSH vor al
lem solche Pestizide prioritär bestimmt, die in großen Mengen eingesetzt werden. Im
Rahmen der Meeresüberwachung wurden über 100 verschiedene Stoffe analysiert,
von denen etwa die Hälfte zu den modernen Pestiziden zählt. Letztere sind häufig
noch so persistent, dass sie auch im Meerwasser nachgewiesen werden können.
Unter den verschiedenen Wirkstoffklassen der Pestizide nehmen die Herbizide auf
grund ihrer hohen Anwendungsmengen eine herausragende Position ein. Allein in
Deutschland werden einzelne Herbizide in Mengen von 500 bis über 1000 t pro Jahr
angewendet. Im folgenden Abschnitt wird die Herbizidbelastung der Nordsee im Juli /
August 2003 dokumentiert und interpretiert. Aus allen drei Hauptstoffklassen der Her
bizide- nämlich Phenylharnstoffe, Triazine und Phenoxyessigsäuren - wurden meh
rere Vertreter im ng/L-Konzentrationsbereich im Seewasser der Nordsee nachgewie
sen.
4.2.6.1 Herbizidgehalte des Meerwassers
Da die Elbe die stärkste Quelle für Schadstoffeinträge in die Deutsche Bucht und süd
östliche Nordsee darstellt, wurden Proben aus dem Elbeästuar in die Untersuchung
einbezogen. 21 von 37 analysierten Pestiziden waren in der Elbe nachweisbar. Der
Pestizideintrag und demzufolge die Pestizidkonzentrationen des Wassers unterliegen
erheblichen jahreszeitlichen Schwankungen, die aus der saisonalen Anwendung der
einzelnen Wirkstoffe resultieren (vgl. Abschnitt4.2.62, 5. 154). Alle in der Elbe nachge
wiesenen Pestizide wurden auch in der Deutschen Bucht angetroffen.