Nordsee und Deutsche Bucht 2002
BSH
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3 Deutsche Bucht
Die Deutsche Bucht umfasst den südöstlichen Teil der Nordsee. Es ist ein flaches
Meeresgebiet, das an seinem südlichen und östlichen Rand von den Wattengebieten der
niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Küste begrenzt wird. Eine ausführliche
Beschreibung der ozeanographischen Bedingungen findet sich in Becker et al. (1992). Zwei
große kontinentale Flüsse, Weser (mittlerer Abfluss 350 m 3 /s) und Elbe (mittlerer Abfluss 800
m 3 /s) münden in die Deutsche Bucht. Beide Flüsse transportieren große Mengen an Schad
stoffen in die Deutsche Bucht, die sich dort durch physikalische und bio-geochemische Pro
zesse mit dem Nordseewasser vermischen.
Die Topographie der Deutschen Bucht ist das Ergebnis des Rückzuges der glazialen
Eisbedeckung und des ansteigenden Wasserspiegels in den letzten 10000 Jahren. Die
Bathymetrie der Deutschen Bucht wird geprägt durch die ausgedehnten friesischen Watten
gebiete und das postglaziale Elbetal, das die Deutsche Bucht von der jetzigen Elbemündung
in nordwestlicher Richtung durchschneidet und die Doggerbank östlich von Tail End passiert.
Das Helgoländer Loch ist mit einer Tiefe von etwa 50 m die tiefste Stelle der Deutschen
Bucht; Sedimentation und Resuspension von Schlick sorgen hier für eine große Variabilität
der Schwebstoffkonzentrationen.
Die ozeanographischen Bedingungen der Deutschen Bucht werden durch die Zirkulation der
gesamten Nordsee, durch die Wechselwirkung der starken Gezeitenströme mit der Topo
graphie, den Einfluss des Windes und durch die Süßwassereinträge von Elbe und Weser ge
prägt. Während die Gezeitenströme eine Homogenisierung der Wassersäule bewirken, wird
durch den variablen Süßwassereinfluss eine vertikale Schichtung aufgebaut. Zwischen dem
infolge der Süßwassereinträge frischem Küstenwasser (S < 30) und dem Nordseewasser
bilden sich Salzgehaltsfronten aus, die einer starken Dynamik unterliegen (Dippner 1992).
3.1 Strömung und Seegang
Generell herrscht in der Nordsee eine großräumige zyklonale Zirkulation vor, die mit einem
starkem Einstrom von atlantischem Wasser am NW-lichen Rand (Fair-Isle Strom) und Aus
strom über der Norwegischen Rinne (Norwegischer Strom) verbunden ist (Klein et al. 1994,
Otto et al. 1990). Die Stärke der Nordseezirkulation hängt von der vorherrschenden Luft
druckverteilung über dem Nordatlantik ab. Qualitativ erhält die Deutsche Bucht bei einem
hohen NAO-Index stärkere Anteile atlantischen Wassers aus dem Nordeingang der Nordsee,
bei niedrigem NAO-Index sind dagegen stärkere Anteile aus dem Englischen Kanal, bzw. der
Südlichen Bucht zu erwarten.
Die im Mittel zyklonale Nordseezirkulation wird durch das aktuelle Windfeld über der Nord
see fortlaufend modifiziert, so dass sich die im folgenden beschriebenen Zirkulationsformen
in der Deutschen Bucht ausbilden können.
3.1.1 Zirkulationsmuster
Die oberflächennahe Zirkulation in der Deutschen Bucht wurde anhand vektorieller Tages
mittelwerte (Reststrom) der Strömungsgeschwindigkeiten untersucht, die mit dem operatio
neilen Strömungsmodell BSHcmod simuliert wurden. Dazu wurden Karten des täglichen
Reststroms in der obersten Modellschicht (0-8 m) zwischen 53° 15' N und 55° 30' N und zwi
schen 6° 30' E und 9° E analysiert und das tägliche Reststrommuster neun charakteristi
schen Zirkulationstypen zugeordnet.