3 Meeresphysik 122 System Nordsee Strömung entlang der norwegischen Küste. Auch im Frühjahr und Sommer 2006 wa ren die Strömungsfelder wenig stabil und wiesen kaum überregionale Strukturen auf. Derart diffuse Strömungsverhältnisse sind als Folge schwacher und wechselhafter Luftdruckgegensätze über der Nordsee in diesen Jahreszeiten nichts Ungewöhnli ches. Bemerkenswert sind die Auswirkungen der starken atmosphärischen Zonalzirkulati on im Herbst/Winter 2006/07 (Abb. 2-22, S.89), die mit einem der höchsten Sturm aufkommen im Zeitraum 1948 - 2010 verbunden war (Tab. 2-19, S. 99). Andauernde Winde aus SW-lichen, später W-lichen Richtungen und ab Mitte November nochmals zunehmende Windstärken bildeten sich in einer nordseeweiten, starken und persis tenten zyklonalen Oberflächenzirkulation ab, die im Dezember auch in der Deutschen Bucht ihre stärkste Ausprägung erreichte (Abb. 3-1). In dieser zyklonalen Phase, die bis Ende Januar andauerte, war der Baltische Ausstrom stark gedrosselt. Mit Um stellung der atmosphärischen Zirkulation im Februar 2007 stellte sich bei vorherr schenden S-Winden ein Strömungszustand wie im März 2006 ein. Einerseits kam die nordseeweite Zirkulation weitgehend zum Erliegen, andererseits bahnte sich der über lange Zeit reduzierte Baltische Ausstrom jetzt mit sehr hoher Intensität seinen Weg in die nördliche Nordsee. Im weiteren Verlauf des Jahres 2007 war die Oberflächenzirkulation meist nur schwach ausgeprägt und von geringer Persistenz (Abb. 3-2). Erwähnenswert erscheint die überregionale antizyklonale Oberflächenzirkulation im April, die auf die starke Hoch druckanomalie mit Kern über Großbritannien zurückzuführen ist (Abb. 2-18, S. 82). Ferner kam es im Oktober zu einer Zweiteilung des Musters mit starken ostwärts setzenden Strömungen im Norden und sehr schwachen, wenig stabilen Strömungen in der südlichen Nordsee. Dieses dichotome Muster wurde durch ein ausgedehntes Hochdruckplateau mit Kern über Belgien hervorgerufen, dessen Druck im Nordwe sten steil in Richtung Island abfiel (Abb. 2-20, S. 84). 3.2.3 Wassertransporte Die hier diskutierten Wassertransporte durch die Straße von Dover, den Westrand der Deutschen Bucht und das Kattegat basieren auf simulierten Strömungen des opera tioneilen Zirkulationsmodells des BSH. Die Modellergebnisse wurden zunächst über zwei Tideperioden von etwa 24,8 Stunden gemittelt, um Gezeiteneffekte zu eliminie ren. Die Volumentransporte durch die Querschnitte sind als Tagesmittel und übergrei fende Monats- und Quartalsmittel für die Jahre 2006 und 2007 dargestellt (Abb. 3-3 bis Abb. 3-5), wobei in die Nordsee bzw. Deutsche Bucht gerichtete Transporte positives Vorzeichen haben. In den Zeitreihen der täglichen Transporte wurden Sturmereignis se markiert, deren Stärke und Typus den Wetterlagenkalendern entnommen werden können (vgl. Tab. 2-1 & Tab. 2-3,5.45). Der Transport durch die Straße von Dover (Abb. 3-3) war im saisonal gemittelten Ver lauf des Jahres 2006 praktisch durchweg in die Nordsee gerichtet. Insbesondere in der Periode November 2006 bis Februar 2007 erreichte der Transport auf monatlichen Zeitskalen Spitzenwerte von über 0,4 Sv. Dieser starke Einstrom in die Nordsee wurde durch die verstärkte atmosphärische Zonalzirkulation verursacht (Abb. 2-16, 5.80), die sich in Abb. 3-3 im hohen Sturmaufkommen ausdrückt. In der zweiten Jahreshälfte 2007 ging der Transport stark zurück und wechselte sogar auf saisonalen Zeitskalen zeitweilig das Vorzeichen (Ausstrom von Nordseewasser in den Kanal).