70 BSH Ozeanographischer Zustandsbericht modellen erst am Anfang; und auch die Adaption von für die numerische Wettervorhersage entwickelten Datenassimilationstechniken ist bislang wenig vorangeschritten. Obgleich eine vollständige Zustandserfassung beobachtungstechnisch aussichtslos ist, bleibt eine umfangreiche und leicht zugängliche Datenbasis auch im Hinblick auf Modellvalidierung und Datenassimilation erstrebenswert. Bei der Zusammenstellung des Berichtes wurde er neut offenbar, wie unzureichend systematische und prozessorientierte Beobachtungspro gramme für die offene Nordsee sind. Deutliche Verbesserungen hinsichtlich Datengewin nung und Auswertung sind erzielbar durch eine optimierte nationale und internationale Koor dination von Überwachungsfahrten und Messkampagnen, durch abgestimmte Messstrate gien und optimierte Messnetze, sowie durch einen kostenfreien, schnellen Datenaustausch. Ferner ist selbst eine optimale Datenbasis für ein einzelnes Jahr keine hinreichende Voraus setzung für eine profunde Zustandsbewertung. Ohne Kenntnis der Zustandsentwicklung in klimatologischen Zeiträumen (30 Jahre) ist lediglich eine Zustandsdokumentation ohne sub stantiierte Bewertung möglich. Die Anomalität eines beliebigen Zustandsparameters lässt sich nur dann feststellen und solide bewerten, wenn gleichzeitig Informationen zu Normal zustand und Variabilität vorliegen. Schließlich ist eine solide Zustandsbewertung undenkbar, ohne die Fertigkeiten, die Er fahrung, den Sachverstand und nicht zuletzt das gern als Elfenbeinturmwissen belächelte oder kritisierte Fachwissen der Wissenschaftler, die sowohl die Datengewinnung sorgfältig planen, als auch die Rohdaten aufbereiten, analysieren und interpretieren und daraus Zu sammenhänge hersteilen und Prozesse erschließen. Der aufwendige, aber kaum sichtbare Prozess der Umwandlung von Rohdaten in nützliches Wissen wird ebenso notorisch unter schätzt, wie ihm adäquate Ressourcen zunehmend vorenthalten bleiben. Die in dieser Hin sicht inzwischen deutlich eingeschränkte Kapazität ist wesentlicher Grund für die vorläufige inhaltliche Beschränkung des Pilotberichts auf hydrographische Zustandsgrößen und Nähr salze sowie seine späte Herausgabe. Aus der Notwendigkeit einer schnellen und umfassenden Zustandsbewertung, die auch durch internationale Verpflichtungen gefordert wird, erwächst ein akuter Handlungsbedarf, der durch die zunehmende Ressourcenverknappung weiter verschärft wird. Es ist deshalb vorgesehen, die jährliche Zustandseinschätzung sowohl durch Informationen aus weiteren Disziplinen, als auch durch internationale Befunde zu erweitern. Insbesondere die Ergeb nisse der meereschemischen Überwachung des BSH werden in den Zustandsbericht für 2003 integriert werden. Um darüber hinaus vor allem den Nordseeanrainern die Möglichkeit einer Beteiligung zu bieten, wird eine zusätzliche Edition des Berichts in englischer Sprache erwogen, zumal die im Bericht dargestellten Befunde mindestens für den gesamten Nord seeraum Relevanz haben. Der vorliegende Pilotbericht zeigt, dass dieses Projekt trotz mannigfacher Schwierigkeiten fachlich, technisch und organisatorisch realisierbar ist, und bietet darüber hinaus als hand feste Synthese solider Fakten Ansporn zur engagierten Fortsetzung der vielfältigen Arbeiten im BSH. An deren Anfang steht oft die sorgfältige Datengewinnung, die in ein breites Spek trum von Aktivitäten mündet, deren Sinn sich insbesondere von außen oft erst durch den integrierenden Effekt öffentlichkeitswirksamer Endprodukte erschließt. Selbstbild und Außen wirkung des BSH als maritimer Dienstleister gewinnen an Konturen, je stärker es seine Basis - Gewinnung, Archivierung und Verwaltung ozeanographischer Daten - zur Herstellung eigener sinnvoller Endprodukte nutzt. Der Ozeanographische Zustandsbericlt wird in Zukunft jährlich erscheinen. Wir sind deshalb gespannt auf die Resonanzen, Anregungen, Ideen und Kommentare zu Inhalt, Form oder Details des Pilotberichts, die sicher zur Verbesserung künftiger Ausgaben beitragen werden. In diesem Sinne sind Vorschläge zu eigenen - aber auch weiteren BSH-externen - ergän zenden Fachbeiträgen oder Kooperationsideen ebenfalls willkommen.