22 BSH Ozeanographischer Zustandsbericht 2.3 Oberflächentemperatur (SST) Die Oberflächentemperaturen der Nordsee werden im BSH seit September 1968 wöchentlich analysiert. Inzwischen umfasst das Archiv etwa 1800 digitale Temperaturfelder, die auf ei nem flächentreuen 20 sm-Gitter vorliegen. Der Datensatz dokumentiert nicht nur die raum zeitliche Entwicklung eines Schlüsselparameters des physikalischen Meereszustands in den vergangenen 35 Jahren; als Integrator des meteorologischen Antriebs lässt sich die Meeres oberflächentemperatur auch zur Feststellung von Klimaänderungen in der Nordsee-Region nutzen. Konsistenz und Umfang des Datenmaterials erlauben darüber weit hinaus gehende statistische Untersuchungen und belastbare Aussagen. 2.3.1 Analyse-Technik Die operationeile SST-Analyse am BSH besteht seit 1994 aus drei sequentiellen Schritten: • Qualitätskontrolle und Gitterung von In-situ-Beobachtungen (Schiffe, Bojen). • Objektive statistische Schätzung des In-situ-Temperaturfeldes (In-situ-Analyse). • Mischung von In-situ- und Satellitenanalyse in beobachtungsarmen Seegebieten. Die Analyse wird auf einem flächentreuen Lambertgitter mit horizontaler Auflösung 20 km durchgeführt. Gitterung (bucketing) und Mittelung (composite) aller über die Woche gemeldeten Temperaturen {GTS) führt zu einer Flächendeckung von nur 10-20%, die sich jedoch durch Einsatz eines exakten statistischen Interpolators - Kriging - auf 60-80% stei gern lässt. Wie bei der inverse-distance Interpolation sind die statistischen Schätzwerte gewichtete Linearkombinationen der Nachbardaten. Die Gewichte sind jedoch nicht einfach Funktionen der Entfernung, sondern werden aus Kovarianzbeziehungen zwischen den Daten in einer Weise bestimmt, die den Schätzfehler (kriging variance) minimiert. Diese Eigenschaft sowie die Tatsache, dass der mittlere Fehler verschwindet, macht Kriging zum BLUE-Schätzer (best linear unbiased estimator). Der Schätzfehler wird zur Beurteilung der Qualität der Schätzwerte und ggf. zur Eliminierung unbrauchbarer Schätzungen verwendet. Zur Schließung verbliebener Lücken im In-situ-Temperaturfeld (master field) werden Temperaturdaten der NOAA-AVHRR Satelliten (slave field) über eine Mischtechnik einge bunden (Reynolds 1988). Die Technik beruht auf der Ausbeutung der Satellitenanalyse zur Lösung der Poisson-Gleichung, divgrad SST^u = Q, in den Lückengebieten. Nachdem der Quellterm Q aus der Satellitenanalyse substituiert wurde (Q = divgrad SST sat ), ergibt sich diese einfach durch sukzessive Überrelaxation unter Dirichlet-Randbedingungen. Die resultierende Mischanalyse (blended analysis) unterscheidet sich von der In-situ-Analyse nur in solchen Gebieten, in denen keine zuverlässigen statistischen Schätzwerte berechnet werden können. Die aktuelle Ausgabe der North Sea SST Blended Analysis wird Mittwochs unter www.bsh.de/de/Meeresdaten/Beobachtungen/Meeresoberflaechentemperatur/index.jsp ver öffentlicht.