Nordsee und Deutsche Bucht 2002 BSH 7 Zusammenfassung Dies ist die Erstausgabe des Ozeanographischen Zustandsberichts für Nordsee und Deutsche Bucht, der vom BSH jährlich herausgegeben werden wird. Das Etikett ozeanogra- phisch scheint für den auf meeresphysikalische Zustandsvariablen fokussierten Pilotbericht weitgefasst. Es bringt jedoch die Absicht zum Ausdruck, künftige Ausgaben durch Befunde aus anderen Unterdisziplinen der Ozeanographie substantiell zu erweitern. Insbesondere ist die Integration von Ergebnissen der meereschemischen Überwachung des BSH geplant. Der ozeanographische Zustand wird mit aktuellen Beobachtungs- und Modelldaten für das Jahr 2002 dokumentiert. Sofern klimatologische oder andere Vergleichsdaten existieren bzw. akquiriert werden konnten, wird der Zustand bewertet. Wo diese Voraussetzungen einer dezidierten Bewertung fehlen, wird versucht, aus der Kenntnis physikalischer Prozesse und Zusammenhänge deduktiv zu einer qualitativen Zustandseinschätzung zu gelangen. Eine lückenlose 4-dimensionale raumzeitliche Zustandsbeschreibung oder gar Zustandsbe wertung ist gegenwärtig nicht möglich. Die einzig realistische Perspektive bieten rigoros vali dierte, zuverlässige Modelle, die mithilfe von Datenassimilationstechniken ozeanographische Beobachtungen, insbesondere auch Satellitendaten, in Zustandssimulationen einbeziehen. Nordsee Die ozeanographische Zustandsentwicklung der Nordsee wird von veränderlichen atmo sphärischen Randbedingungen gesteuert. Die wichtigste Einflussgröße in der kühleren Jah reszeit ist die durch den NAO-Index quantifizierte Nordatlantische Oszillation. Die NAO in 2002 schwankte bis in den Hochsommer um ein hohes positives Niveau, fiel im September steil in ihre negative Phase ab und führte anschließend eine amplitudenverstärkte Oszillation auf flachem Niveau aus. Ein Phasendiagramm der dynamischen NAO-Zustände seit 1879 lässt drei Attraktorregionen erkennen, die offenbar Ausdruck dekadenlanger und dann spontan wechselnder Präferenzen der NAO für ihre negative bzw. positive Phase sind. Die saisonale Nordsee-Zirkulation in 2002 wird durch Strömungsfelder des operationeilen BSH-Modells beschrieben. Im Winterhalbjahr war das Strömungsfeld stark ausgeprägt und richtungsstabil, im Sommerhalbjahr schwach und unbeständig. Ob Abweichungen in Inten sität und Muster von externen Modellklimatologien auf Anomalien im atmosphärischen An trieb oder auf Modelldefekte zurückzuführen sind, kann nicht entschieden werden. Die Oberflächentemperatur (SST) ist die weltweit bestbeobachtete ozeanographische Zu standsgröße. Anhand der am BSH seit 1968 erstellten wöchentlichen SST-Analysen für die Nordsee ergibt sich für 2002 die Rekord-Jahresmitteltemperatur von 11.0 °C, die gleichzeitig den vorläufigen Höhepunkt einer seit 1989 andauernden Warmphase markiert. Das abrupte Ende der vorherigen dekadenlangen Kaltphase ging mit einem extremen NAO + -Ereignis im Winter einher. Wie räumliche Verteilungen der monatlichen SST-Anomalien für 2002 zeigen, lag die SST ganzjährig und nahezu im gesamten Seegebiet über den Klimanormalwerten. Geographische Verteilungen des Oberflächensalzgehalts (SSS) sind für Januar/Februar und Juli durch Überwachungsdaten belegt. Der atlantische Einfluss nahm im Norden gegenüber den Vorjahren zu, der Einstrom zwischen den Orkney- und Shetlandinseln (Fair Isle Strom) war abgeschwächt; die Transporte atlantischen Wassers durch den Englischen Kanal waren gering. Die Sommeraufnahme (vor dem Elbehochwasser) zeigt die Ausbreitung erhöhter winterlicher Süßwassereinträge durch die kontinentalen Flüsse und den Ostsee-Ausstrom auf nahezu die gesamte östliche Hälfte der Nordsee. Dieser Sachverhalt wird durch die vertikale Salzgehaltsverteilung entlang von sechs West-Ost-Schnitten untermauert. Auf den gleichen Überwachungsfahrten wurden Nährsalze analysiert, die als oberflächen- und bodennahe geographische Verteilungen präsentiert werden. In der winterlichen, durch mischten Nordsee sind die vertikalen Unterschiede gering. Im Sommer sind deutliche Unter