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Ergebnisse im Kontext der NAO
• Die Sensitivität der Stofftransporte hinsichtlich der Massenerhaltung lässt nur eine qua
litative Aussage über deren zeitliche Variabilität zu.
Auf interannuellen Zeitskalen wird besonders deutlich, dass die Ursache der beobachteten
Änderungen der gesamten Wassersäule hauptsächlich eine Änderung der vertikalen Geschwin
digkeitsscherung, also mechanisch ist. Erst auf klimarelevanten dekadischen Zeitskalen sind sie
auf Änderungen der Eigenschaften der advektierten Wassermassen zurückzuführen. Hauptsäch
liche Quellen mechanischer Energie zum Antrieb von Advektion und Vermischung im Ozean-
innern stellen Gezeitenkräfte und Fluktuationen des Windfeldes dar [Munk und Wunsch,
1998]. Der Einfluss des Windes forciert beispielsweise direkt konvektive Instabilitäten und
indirekt baroklinc Instabilitäten der mittleren Zirkulation. Die hier beobachteten Änderun
gen der integralen Transportgrößen stellen demnach möglicherweise die barokline Reaktion
des Ozeans auf lokale Änderungen des mittleren Windfeldes dar oder die nicht-lokale barokli
ne Reaktion auf geänderte atmosphärische Antriebsbedingungen in den Entstehungsregionen
des Zwischen- und Tiefenwassers. Zur Quantifizierung der Fluktuationen des Windfeldes über
dem Nordatlantik wird der Nordatlantische Oszillations-Index (NAO-Index) definiert (siehe
Kapitel 2.2), der in den Wintermonaten sein Maximum aufweist. Er quantifiziert ozeanwei
te Änderungen der Windgeschwindigkeit und -richtung, aber auch der Lufttemperatur und
Feuchte zwischen Portugal und Island.
Die niederfrequente ozeanische Reaktion auf Variationen des Winter NAO-Index lässt sich
analog zu Dickson et al. [1996], Dickson [1997] und Sutton und Allen [1997] zusammenfassen:
Während der Phase eines negativen Winter NAO-Index, der eine Abschwächung des meri-
dionalen Luftdruckgradienten an der Meeresoberfläche zwischen Island und den Azoren bzw.
reduzierte Westwinde über dem nördlichen Nordatlantik charakterisiert, verlagert sich die
Sturmbildungsregion vor der Ostküste Nordamerikas (zwischen 30°-40°N) nach Südwesten,
wie in den 50er- und 60er-Jahren. Die resultierende Erhöhung des Temperaturkontrastes zwi
schen Kontinent und Wasseroberfläche führt lokal zu einer Abkühlung des Schelfwassers. In
einiger Entfernung von der Küste kommt es zu einer Abkühlung und Zunahme der Mächtig
keit der oberflächennahen durchmischten Schicht aufgrund erhöhter Konvektionsintensität im
Winter (Abb. 6.1). Diese Schicht warmen Modewassers wird in der Region der Sargasso See als
18°C-Wasser bezeichnet. Sich langsam nach Nordosten ausbreitende Temperaturanomalien
des 18°C-Wassers (“Winter SST-Anomalien" [McCartney, 1997]), welche in den folgenden
Wintermonaten wieder dem Einfluss der Atmosphäre ausgesetzt sind und somit verantwort
lich für regionale niederfrequente SST-Anomalien sind, beobachten erstmals Hansen und
Bezdek [1996]. Den Ausbreitungspfad dieser Temperaturanomalien in Richtung Nordosten
beschreiben Sutton und Allen [1997] mit einer Phasenkorrelation. Ihre Ausbreitungsgeschwin
digkeit entspricht jedoch nicht der Advektionsgeschwindigkeit des oberen Ozeans, sondern ist
von der Frequenz des atmosphärischen Antriebs abhängig. Demnach werden diese Anomalien
aktiv angetrieben und auch wieder zerstört durch die Wechselwirkungen zwischen Ozean und
Atmosphäre und driften nicht passiv mit der großskaligen Ozeanzirkulation [Visbeck et al.,
1998].
Das Tiefenwasser der Grönlandsee wird sowohl durch den horizontalen Austausch mit Tie
fenwasser des Nordpolarmeers, welches durch die Fram Straße strömt, modifiziert, als auch
durch den vertikalen konvektiven Austausch [Dickson et al., 1996]. In der zentralen Grönland
see intensiviert sich der positive curl-f während eines negativen NAO-Index und damit die
dadurch angetriebene zyklonale barotrope Zirkulation. Der Wirbel kontraktiert, wodurch
sich die Fronten zwischen dem konvektiven Zentrum und der Umgebung verschärfen. Ebenso