Hundertjahrfeier
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seberichten, richtig geführt und geordnet. Das setzte
das deutsche hydrographische Amt in die Lage, sorg
fältig durchdachte Segelanweisungen für jede Jahres
zeit herauszugeben. Erhielt zum Beispiel ein Hambur
ger Schiffsführer Order, sein Schiff im Oktober in
Ballast nach Philadelphia zu segeln, dort Kistenöl
nach Yokohama zu laden und von dort nach Saigon in
Indochina zu gehen, um Reis für die Heimreise zu la
den, dann erhielt er von der Deutschen Seewarte un
schätzbare Informationen. Der beste Weg nach Phila
delphia in Ballast war vielleicht der nördliche - zu
erst auf Grönland zu - oder aber die südliche Route
durch den Passat. Die Hydrographen wußten es auf
Grund aller Nachrichten, die sie gesammelt hatten,
und der Kapitän bekam seine Informationen."
Ich freue mich, feststellen zu können, daß die
ses Urteil jedenfalls soweit die deutsche Seite in
Betracht kommt, an Aktualität nichts eingebüßt hat.
Dafür möchte ich allen freiwilligen Mitarbeitern des
Deutschen Hydrographischen Instituts und des Deut
schen Wetterdienstes aus dem Kreise unserer Handels-
schiffahrt und Pischerei meinen herzlichsten Dank
sagen.
Das Deutsche Hydrographische Institut fertigt
auch die amtlichen Gezeitenvorausberechnungen an und
gibt Gezeitentafeln für europäische Gewässer und für
den Atlantischen und Indischen Ozean sowie Kartenfol
gen über den Verlauf der in den einzelnen Seegebieten
außerordentlich unterschiedlichen periodischen Ge
zeitenströme heraus. Ein weiteres Arbeitsgebiet sind
die mathematisch-methodischen Grundlagen der Naviga
tion. Das vom Deutschen Hydrographischen Institut
herausgegebene Nautische Jahrbuch dient zur astrono
mischen Ortsbestimmung auf See. Künstliche Satelliten
versprechen für die Seevermessung und die Handels
schiffahrt ein Navigationsmittel von hoher Genauig
keit zu werden. An der Entwicklung dieser Verfahren
ist das Deutsche Hydrographische Institut von Anfang
an beteiligt und die gegenwärtige Forschungsreise
des FS "Meteor" vor Westafrika dient auch der Erpro
bung der Satellitennavigation und des Fernmeldever
kehrs über Satelliten. Der Instrumentenprüfdienst
soll das zuverlässige Funktionieren der national und
international vorgeschriebenen nautischen Geräte und
Instrumente wie Magnet- und Kreiselkompasse, Radar-
und Funknavigationsgeräte, Lote, Laternen, Tempera
tur- und Luftdruckmeßgeräte usw. sicherstellen. Alle
diese Geräte müssen im Interesse der Sicherung des
menschlichen Lebens auf See auch unter den harten Be
dingungen an Bord einwandfrei arbeiten. Das hat das
DHI durch Typenprüfungen und Einzelprüfungen an Bord
sicherzusteilen.
Der nautische Seewarndienst, der ,rund um die Uhr
auch sonn- und feiertags arbeitet, unterrichtet die
Schiffe drahtlos über wichtige Veränderungen wie
Schiffahrtshindernisse, Vertreiben oder Verlöschen
von Seezeichen usw.
Der Eisdienst gibt die für die kommerzielle
Schiffahrt wichtigen periodischen Eisberichte heraus.
Der erdmagnetische Dienst mißt und verfolgt die zeit
lichen Veränderungen des erdmagnetischen Feldes, um
Schiffahrt und Fischerei zuverlässige Unterlagen
über die sich laufend ändernden Mißweisungen der
Magnetkompasse an die Hand geben zu können. Er dient
auch der Vorhersage von Störungen im Kurzwellen-Funk-
verkehr.
Die Abteilung Meereskunde dient vorwiegend der
naturwissenschaftlichen Forschung zur Förderung von
Seeschiffahrt und Fischerei. Das DHI arbeitet hier
bei besonders mit den meereskundlichen und geophysi
kalischen Universitätsinstituten, der Deutschen For
schungsgemeinschaft, den für Meeresbiologie zustän
digen Instituten aus dem Bereich des Bundesministers
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem
Deutschen Wetterdienst eng zusammen. Die Untersuchun
gen des DHI erstrecken sich auf die horizontale und
vertikale Bewegung des Wassers, den Seegang, auf das
weite Gebiet der Meereschemie, der Überwachung der
Meeresverschmutzung durch radioaktive oder sonstige
Beimengungen, die Erforschung des Meeresbodens und
-Untergrundes.
Das 1964 in Dienst gestellte Forschungsschiff
"Meteor", das die Tradition des berühmten Forschungs
schiffes gleichen Namens fortführt, ist ein hervor
ragendes Instrument dieser Zusammenarbeit, und es ist
in der breiten Öffentlichkeit und im Ausland zu einem
Inbegriff der deutschen Meeresforschung geworden.
Auch der Bundesminister für Ernährung, Landwirt
schaft und Forsten stellt seine Fischereiforschungs
schiffe laufend für die Aufgaben des DHI mit zur Ver
fügung. Dafür gebührt ihm und seinen Mitarbeitern
aufrichtiger Dank.
In gleicher Weise fruchtbar hat sich die Zusam
menarbeit mit dem Bundesminister der Verteidigung
erwiesen, von dem das DHI manche, insbesondere finan
zielle Unterstützung erfahren hat, was hiermit dank
bar anerkannt wird.
Die Meeresforschung gehört zu den bedeutendsten
Aufgaben der Zukunft. Die Meere, die 71 Prozent der
Erdoberfläche bedecken, und zu vier Fünftel ihrer
Ausdehnung eine Tiefe von über 400 m haben, sind z.S.
etwa soweit erforscht, wie es die Erdoberfläche im
Jahre 1800 war. Die USA werden naoh der Mondlandung
das bis dahin auf die Raumfahrt verwendete Forschungs
und Industriepotential für die Meeresforschung ein-
setzen. Schon heute treiben die USA und die Sowjet
union Meeresforschung in einem für uns noch unvor
stellbarem. Ausmaß.
Die Lösung einer der gegenwärtig größten Aufga
ben der Menschheit, eine Welt frei von Hunger zu
schaffen, wird ohne Zuhilfenahme des Meeres nicht
möglich sein. Das Meer als Nahrungs- und Rohstoff
quelle sowie als Energieträger harrt noch der inten
siven Nutzung.
Die Aufgaben, die dem DHI auf diesem Gebiet ge
stellt werden, übersteigen den traditionellen und
heute gegebenen Rahmen dieses Instituts beträchtlich.
Ich bin deshalb dem Bundesbeauftragten für Wirt
schaftlichkeit in der Verwaltung dankbar, daß er mit
seinem Organisationsgutachten von 1966, das während
der Amtszeit von Präsident Dr.Zwiebler entwickelt