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Uber diese Feststellung der Konsistenz hinaus, sei zum Abschluß dieses Abschnitts noch eine
weitere Aussage gewagt. Es heißt zwar im IPCC-Report, daß eine Beschleunigung des
Meeresspiegelanstiegs in diesem Jahrhundert nicht festgestellt werden kann [Warrick et al.
96]. Wenn man jedoch den zitierten Trend für die letzten 100 Jahre mit dem für die nächsten
100 Jahre vergleicht, so muß aufgrund des stetigen Verhaltens der Höhe des Meeresspiegels
eine Übergangsphase stattfinden, in der der Meeresspiegel beschleunigt ansteigt. Ein Wechsel
zwischen zwei linearen Regimen ist aber unrealistisch. Sinnvoller dagegen ist die Auffassung
einer exponentiellen Trendentwicklung. Darum sei hiermit der "Verdacht" geäußert - vor
ausgesetzt, daß die Entwicklung des Meeresspiegelsanstiegs in der Nordsee nicht wesentlich
von der des globalen Anstiegs abweicht daß der für Cuxhaven berechnete und diskutierte
Trend bereits auf eine progressive Phase des Meeresspiegelanstiegs hindeutet.
4.2.4. Vorverarbeitung
Nach der Prozedur der Trendelimination wurden die Zeitreihen der Prozedur der Vorverarbei
tung unterzogen. Zweck ist es, die Werte der Komponenten der Lern- bzw. Eingabevektoren
vergleichbar zu machen. Prinzipiell gilt, daß die Komponenten untereinander vergleichbar
sein müssen. D.h. sie könnten z.B. auch bimodal verteilt sein, ohne daß die Voraussetzung
der Vergleichbarkeit untereinander verletzt wäre. Das gilt aber nur, wenn z.B. der Pegel
allein angelernt werden würde (mittels univariaten Zeitmusters). In Kombination mit den
überwiegend unimodal verteilten meteorologischen Größen (mittels multivariaten Zeitmusters)
wäre dann aber die Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben. In jedem Fall wäre durch die
Bimodalität der Verteilung(en) die Bedingung der optimalen Anpassung an die Erfordernisse
der Netze nicht erfüllt. Kohonen-Netze lernen am besten, wenn die Lernvektoren zufällig im
Sinne einer Gauß'schen Zufallsvariablen verteilt, d.h. normalverteilt sind.
Bei der Herstellung der Vergleichbarkeit werden drei Teilziele angestrebt: die Eliminie
rung von Korrelationen, eine Angleichung der Verteilungen und eine Abbildung auf einen
vergleichbaren Wertebereich [Ultsch 91a], Es wurden die maßgeblichen meteorologischen
Größen gesucht, die den Stau ortsabhängig bewirken (Kap.2.1.3). Wären zwei dieser Größen
miteinander korreliert, würde nur eine von beiden einen Einfluß auf den Stau nehmen. Die
andere Größe könnte aufgrund der Korrelation mit der ersten keinen zusätzlichen Einfluß
nehmen. Darum sind die maßgeblichen bzw. einflußreichen Größen auf den Stau nicht oder
nur minimal miteinander korreliert. Diese Aussage gilt strenggenommen nur für Lernvektoren
auf Basis eines multiregressiven Zeitmusters, in dem jede meteorologische Größe nur für eine
Vektorkomponente einen Beitrag liefert. Der Gesamtansatz benutzt den Luftdruck zweimal,
allerdings zu verschiedenen Zeitpunkten und in verschiedenen Zusammenhängen (Kap.2.1.4).
Für das multiregressive Zeitmuster ist somit das erste Teilziel der Elimination von Korrela
tionen erfüllt.
Das zweite und dritte Teilziel ist eng mit der Wirkung der Daten auf den Kohonen-
Algorithmus verbunden. Die Empfindlichkeit des Lernalgorithmus’ (der Metrik, im wesent
lichen L 2 -Norm) auf Ausreißer in den Daten (Einleitung zu Kap.4.2) und damit auch auf die
Schwänze der Datenverteilung (Kap.4.2.2) hat eine gewaltige Auswirkung auf die Vor
bereitung der Daten. Das zweite Teilziel der Herstellung der Vergleichbarkeit ist das der
Angleichung der Verteilungen. In Kap.4.2.1 war von einer "schiefen" Verteilung die Rede.
Schiefe Verteilungen sind im Gegensatz zur Normalverteilung asymmetrisch. Die Ver
gleichbarkeit von Verteilungen und ein Lernvorgang, der von unerwünschten Ausreißern nicht
gestört wird, sind nicht mehr gewährleistet, wenn die Verteilungen unterschiedlich schief
sind. Die Bedingung der Vergleichbarkeit untereinander ist zwar erfüllt, wenn alle Ver