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3. Neuronale Netze
In Kapitel 3 werden die neuronalen Netze beschrieben, die in Kapitel 5 auf die Wasser
standsvorhersage angewandt werden. Nach einer Einführung mit Hinweisen auf populär
wissenschaftliche Literatur und mit computerorientierten Bemerkungen (Kap.3.1) folgt eine
allgemeine Beschreibung der Eigenschaften und Fähigkeiten neuronaler Netze (Kap.3.2). Ein
z.T. etwas philosophisch gehaltener Abschnitt über ihre Funktionsweise ist ein Versuch,
neuronale Netze Ozeanographen und Meteorologen etwas näherzubringen (Kap.3.3). In
Kap.3.4 wird versucht, das Spektrum der bisherigen Anwendungen von neuronalen Netzen
etwas zu beleuchten. Dazu zählen auch Vorhersagen, die mit Hilfe der Netze bereits auf
anderen Gebieten realisiert wurden. Da bei den Anwendungen die Backpropagation-Netze im
Vordergrund stehen, werden diese Netze etwas näher beschrieben (Kap.3.5). Dabei werden
außerdem Konzepte aufgezeigt, die nicht auf diesen Netztyp beschränkt bleiben müssen. In
Kap.3.6 schließlich werden die Kohonen-Netze eingehend beschrieben. Die Wasserstands
vorhersage auf neuronaler Basis wurde ausnahmslos mit Hilfe von Kohonen-Netzen entwik-
kelt.
3.1. Einführung
Um den menschlichen Geist und seinen Wohnort, das Gehirn, zu verstehen, wurden Er
klärungsversuche aus unterschiedlichsten Fachrichtungen unternommen. Neurologen, Psycho
logen und Informatiker entwickelten Modelle des Gehirns, die seine Funktionsweise auf
Computern simulieren. Das Gehirn besteht aus vielen Neuronen, d.h. Nervenzellen, die über
Axone, Dendriten und Synapsen (elektro-chemische Kontaktstellen) untereinander vernetzt
sind. Die Modelle versuchen, diese Struktur in allerdings sehr bescheidenem Maße auf der
Informationsebene abzubilden. Es lassen sich zwei Modellansätze unterscheiden. Ein Ansatz
sieht mehr die detaillierte Simulation des biologischen Vorbilds [Obermayer et al. 90],
[Zornetzer et al. 90]. Ein anderer Ansatz betont mehr die allgemeinen Prinzipien, die der
Funktionsweise des Gehirns zugrunde liegen. Solche allgemeiner formulierten künstlichen
neuronalen Netze können aufgrund ihrer Struktur bestimmte Probleme lösen, die für her
kömmliche Computer (von Neumann-Architektur) noch in unerreichbarer Ferne liegen
[Schlittgen et al. 94].
Als Literatur, die in die neuronalen Netze einführt, seien z.B. [Brause 91] und [Müller et
al. 91] erwähnt. [Haykin 94] bietet eine umfassende Grundlage zu diesem Thema. Der Leser,
der mehr auf populär-wissenschaftliche Weise an die Materie herangeführt werden möchte,
sei auf diverse EDV-orientierte Zeitschriften verwiesen: Byte [Obermeier et al. 89], c’t
[Minnich 92], [Werntges et al. 88], Dr. Dobb’s Journal [King 89], iX [Grau 91], [Klöppel et
al. 91] und Offene Systeme [Märtin 92]. Außerdem sei auf eine Betrachtung der neuronalen
Netze aus philosophischer Richtung im Spektrum der Wissenschaft hingewiesen [Churchland
et al. 91]. Graphisch sehr ansprechende Einführungen bietet die Zeitschrift Geo [Lehmann et
al. 94] und [Mechsner et al. 94].
(Künstliche) neuronale Netze sind bereits als kommerzielle Software-Produkte erhältlich
[Sarnow 94], [Schöneburg et al. 90] und [Thuy 92] oder für wissenschaftliche Zwecke frei
verfügbar (z.B. SNNS von der Universität Stuttgart und PlaNet von der Universität Boulder/-
Colorado). In beiden Fällen laufen sie auf herkömmlichen Computern. Neuronale Netze
lassen sich erheblich effizienter nutzen beim Einsatz paralleler Rechner, z.B. von Transputern
[Guimaraes 92]. Ihre Struktur läßt sich schon auf Hardware-Ebene berücksichtigen [Goser et
al. 92], [Nossek et al. 92], [Tank et al. 91] und [Wright 91]. Solcherart konstruierte Chips