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Weiterhin zeigt Ponte auf, daß Luftdruckschwankungen besonders in mittleren und höheren
Breiten eine wichtige Ursache der Meeresoberflächenvariabilität sind [Ponte 93]. Außerdem
schreibt er, daß der Luftdruck als eine Quelle dynamischer Signale wichtiger als der Wind
stress, d.h. die Schubspannung, wird, wenn die Perioden kürzer als ungefähr drei Tage sind
[Ponte 94]. Das paßt zu der Beobachtung des Wasserstandsvorhersagedienstes, daß Fernwel-
len Perioden von ein bis drei Tagen besitzen. Allerdings können Küsten und die Bodentopo
graphie auch nichtisostatische Regime erlauben, in Verbindung z.B. mit der Erregung von
Kelvin- und Schelfwellen. Das müßte in hydrodynamischen Modellen mit berücksichtigt
werden, um die Reaktion der Meeresoberflächenauslenkung auf Luftdruckschwankungen in
manchen Regionen realistischer zu beschreiben [Ponte 92].
2.2. Begriffserläuterungen
An dieser Stelle erscheint es angebracht, ein paar Begriffe zu erläutern, die im folgenden
immer wieder benutzt werden. Neuronale Netze weisen eine sehr viel größere Verwandtschaft
mit statistischen als mit hydrodynamischen Modellen auf. Im folgenden wird von multi- und
autoregressiven Verfahren [Hartung et al. 92], [Schlittgen et al. 94] die Rede sein, an deren
zeitliche Struktur neuronale Netze angelehnt werden. Darum wird an dieser Stelle bereits eine
Einteilung der Zeitreihen vorgenommen, die in [Weigend et al. 90a], einer Arbeit über
neuronale Netze gefunden wurde. In dieser Arbeit wird der gesamte zur Verfügung stehende
Datensatz in drei Teile geteilt: In ein "training set", ein "validation set" und ein "prediction
set" [Weigend et al. 90a], Diese Einteilung wird für die vorliegende Arbeit übernommen.
Die in Kap.4 beschriebenen Zeitreihen werden somit in drei Teile geteilt. Der erste Teil
wird als Datensatz des Trainings bezeichnet und der zweite Teil als Datensatz der Validation.
Der Trainings- und der Validationsdatensatz enthält jeweils gemessene Daten. Die Messungen
des Validationsdatensatzes schließen zeitlich direkt an die Messungen des Trainingsdaten
satzes an. Der dritte Teil wird als Datensatz der Vorhersage bezeichnet und enthält Vorhersa
gen, die den gleichen Zeitraum abdecken wie die Messungen des Validationsdatensatzes.
Diese Unterscheidung zwischen Messungen und Vorhersagen wird allerdings in [Weigend et
al. 90a] nicht vorgenommen. Dort werden nur Messungen verwandt.
2.2.1. Vorhersagegenauigkeit und Vorhersagemodus
Die Genauigkeit einer Vorhersage kann durch ihren Fehler angegeben werden. Es müssen
zwei Arten von Fehlern unterschieden werden. Sie werden als Darstellungs- und Vorhersage
fehler bezeichnet. Diese beiden Begriffe werden mit Hilfe des Gesamtansatzes näher erläutert.
In dem Ansatz wird ein multiregressiver Zusammenhang zwischen den meteorologischen
Größen und dem Stau angenommen. Für die Modellierung dieses Zusammenhangs werden
zuerst Stau- und meteorologische Daten aus dem Trainingsdatensatz zur Schätzung der
Modellparameter verwendet. In der Vergangenheit des Wasserstandsvorhersagedienstes
wurden z.B. die Konstanten k, bis k 10 des Gesamtansatzes u.a. mit Hilfe solcher Daten ge
schätzt. Anschließend wird mit Hilfe von gemessenen meteorologischen Daten aus dem
Validationsdatensatz ein Stau berechnet. Dieser Stau wird mit dem gemessenen Stau aus dem
Validationsdatensatz verglichen. Die Differenz zwischen den berechneten und gemessenen
Stauwerten, d.h. das Residuum, ist ein Maß für den Darstellungsfehler. Werden statt der
meteorologischen Messungen meteorologische Vorhersagen aus dem Vorhersagedatensatz zur
Stauberechnung benutzt, ist das Residuum ein Maß für den Vorhersagefehler. Zur Messung
der Darstellungs- und Vorhersagefehler siehe Kap.2.4.4. Der Begriff "Darstellungsfehler"