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kennt, könnte man ihn - als Notbehelf - von dem Vorhersagefehler subtrahieren. Speziell
beim hydrodynamischen Staumodell liegt das Problem in der schlechten zeitlichen Auflösung
des Niedrigwassers (Abb.2.1). Bei großen Steigungsänderungen können die Niedrigwasser
wie Unstetigkeitsstellen wirken, die hydrodynamische Modelle nicht gut abbilden können.
Aber auch trotz der Subtraktion eines systematischen Fehlers von 20 cm bleibt das neuronale
MR-Modell, wenn nur die Vorhersagefehler verglichen werden, bei der Vorhersage des Staus
zu Niedrigwasserzeitpunkten ungeschlagen.
Für einen umfassenderen Vergleich jedoch dürfen nicht nur allein die mittleren absoluten
Vorhersagefehler (mae) der Modelle miteinander verglichen werden. Unter der Annahme, daß
ein systematischer Fehler durch seine Subtraktion annähernd beseitigt werden kann, müssen
die Residuen der Modelle auch nach Subtraktion des jeweiligen systematischen Fehlers
miteinander verglichen werden. Dazu dient die Standardabweichung der Fehler (sde). In
diesem Fall ließ sich ein einseitiger F-Test anwenden. Der Stichprobenumfang war mit 668
Fällen hinreichend groß, so daß dieser Test annähernd verteilungsfrei galt [Schönwiese 92],
[Press et al. 91]. Bei Hochwasser ist nicht nur der mittlere absolute Fehler (mae) des MR-
Modells 1 cm kleiner als der des Dienstes, sondern auch die Standardabweichung (sde).
Wendet man aber den F-Test auf die Varianzen (sde) 2 an, so kann die Nullhypothese, daß
beide Varianzen gleich sind, nur auf dem 10%-Niveau, nicht aber auf dem 5%-Niveau
zurückgewiesen werden (f = 1.12, t = 1.4). D.h. die Aussage, daß die Varianz des Kohonen-
Netzes kleiner als die Varianz des Wasserstandsvorhersagedienstes ist, ist nur auf dem
10%-Niveau signifikant. Somit gilt die Aussage, daß das Kohonen-Netz den Wasserstands
vorhersagedienst in der Vorhersagegenauigkeit geschlagen hat, nur mit dieser Einschränkung.
Bei Niedrigwasser sind die Standardabweichungen des MR-Modells und des hydrodynami
schen Staumodells gleich. Da aber bei diesem Modell nicht die gesamte Verteilung der
Residuen zur Verfügung stand, konnte weder beurteilt werden, wie sich die Subtraktion des
erwähnten systematischen Fehlers auf die Standarabweichung auswirken würde, noch konnte
ein F-Test durchgeführt werden. Für den F-Test wurde stattdessen das hydrodynamische
Wasserstandsmodell gewählt. Die Standardabweichung der Residuen dieses Modells ist 2 cm
größer als die der Residuen des entsprechenden neuronalen Modells. Wendet man den F-Test
auf die Varianzen (sde) 2 an, so kann die Nullhypothese (s.o.) auf dem 5%-Niveau zurückge
wiesen werden (f = 1.16, t = 1.9). D.h. die Aussage, daß die Varianz des Kohonen-Netzes
kleiner als die Varianz des hydrodynamischen Wasserstandsmodells ist, ist auf dem 5%-
Niveau signifikant. In diesem Fall der Niedrigwasser wird die Aussage, daß das Kohonen-
Netz das hydrodynamische Wasserstandsmodell in der Vorhersagegenauigkeit geschlagen hat.
nicht so eingeschränkt wie bei Hochwasser.
5.5.4. Vergleich mit den Vorhersagen des Wasserstandsvorhersagedienstes
Die Ergebnisse statistischer Tests haben für den Wasserstandsvorhersagedienst keinen großen
praktischen Nutzen. Damit der Dienst eine detailliertere Vorstellung bekommen kann, was die
Kohonen-Netze können und was sie nicht können, wurden speziell für Hochwasser ver
schiedene Tabellen erstellt. In der ersten Tabelle (Tab.5.17) sind die Verteilungen der Residu
en von Abb.5.8 quantitativ dargestellt. D.h. in Abhängigkeit von ausgewählten Grenzen der
Residuen wurden für das MR-Modell und den Wasserstandsvorhersagedienst jeweils die
Anzahl der Hochwasser, die innerhalb dieser Grenzen liegen, und der jeweilige Anteil an der
Gesamtzahl aufgelistet.