Nautische Veröffentlichungen, Vermessung u. Seekarten
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und strukturiertes Modell räumlicher Bezüge“
(Hake, 1988) definiert wird. In diesem Konzept
stellt bei dem Kartenentwurf die Auswahl der
Grundlagen, die Beschreibung der topographi
schen und thematischen Gegenstände (Objekte)
eines räumlichen Gebietes einen Prozeß dar, in
dem das Original - das Seegebiet - in ein Modell
nach genau bestimmten Regeln abgebildet wird.
Je nach Zweck der Karte (z. B. morphologische
Karte, oder nautische Karte) kann dies zu ganz
verschiedenen Inhalten und Darstellungen füh
ren.
Ausgangspunkt ist ein sogenanntes Primär
modell, in dem der topographisch-thematische
Inhalt einer Karte in kleinste Informationseinhei
ten, sog. Objekte, strukturiert und festgelegt wird.
Die Objekte werden jeweils durch eine Anzahl
verschiedener „Attribute“ digital beschrieben. Ein
Seezeichen wird so z. B. durch seine Bezeich
nung, seinen Tonnentyp, die Tonnenfarbe und an
dere Attribute beschrieben, zu denen auch wei
tere, der Informationsverwaltung dienenden
Attribute, wie Informationsquelle und Datum der
Aufnahme, treten können. Für linien- und flächen
hafte Objekte gilt entsprechendes. Lage und Aus
dehnung der Objekte werden durch ihre Geome
trie, d. h. Lagekoordinaten von Punktobjekten
bzw. den Stützpunktkoordinaten von Linien oder
Flächenpolygonen beschrieben.
Die „atomaren“ Informationseinheiten des
Primärmodells, die Objektklassen, sind in einem
Objektkatalog erfaßt, der somit als Datenerfas
sungsnorm wirkt. Die Menge der digital durch At
tributwerte definierten Objekte, zusammen mit
den Geometriedaten, bilden das eigentliche Infor
mationssystem. Getrennt hiervon ist das Karto
graphische Modell, das die visuelle Präsentation
regelt und aus einer Symbolbibliothek und einem
Verzeichnis von Darstellungsregeln für Objekte
sowie ergänzenden kartographischen „Werkzeu
gen“ für bestimmte einzelne Objekte besteht. Zu
einem Primärmodell können mehrere verschie
dene kartographische Modelle gehören (z. B. her
kömmliche Seekarte, elektronische Seekarte).
Ausgehend von dem Modell-Ansatz, der
auch von der Arbeitsgemeinschaft der Vermes
sungsverwaltungen (AdV) der Bundesländer dem
Vorhaben „Automatisiertes topographisch-karto
graphisches Informationssystem (ATKIS) zu
grundegelegt worden ist, wurde in einer gemein
samen Arbeitsgruppe von SUSAN und BSH 1989
mit der Entwicklung eines nautisch-hydrographi
schen Objektartenkataloges begonnen. Die er
sten gedanklichen Ansätze hierzu wurden auf ei
ner Tagung des Committee on Exchange of
Digital Data (CEDD) der IHO im April 1989 in
Seattle vorgestellt und erweckten reges Interes
se. Das BSH wurde beauftragt, in Zusammenar
beit mit den USA und Kanada einen für die IHO
geeigneten Katalog von Karteninhalten zu erar
beiten. Als Richtschnur für die Festlegung der
Objektstruktur wurden die Prinzipien der relatio
nalen Datenbanken angewandt, speziell die er
sten beiden Normalformen. Dieser Ansatz führt
z.B. dazu, daß der Tonnenkörper und das darauf
befindliche Topzeichen und ggf. Feuer jeweils ver
schiedene Objekte sind, die über eine weitere,
„Composite Object“ genannte Relation miteinan
der verknüpft sind.
Ein erster, zwangsläufig noch unvollständi
ger Entwurf des Objektkataloges wurde 1989 im
Oktober auf einer CEDD-Tagung in Tokio vorge
stellt. Erst jetzt wurde vielen Mitgliedsländern klar,
daß der Objektkatalog einen gänzlich anderen