bemüht, relevante Tatbestände, die zur Lösung von Problemen seines Sachgebietes
beitragen können, durch vielfältige Messungen von interpretierbaren Meßgrößen nach
Qualität und Quantität zu erfassen. Denn solche Fakten bilden für jede der marinen
Wissenschaften die Quelle der möglichen Erfahrungen über das Meer.
Diese Erfahrungen und Kenntnisse gilt es dann zu wissenschaftlichen Erkenntnissen
und naturgesetzlichen Zusammenhängen zu verarbeiten. Damit gelingt es, alle diese
Erfahrungen unter Anwendung des für jede naturwissenschaftliche Disziplin in charakte-
ristischer Weise entwickelten Vorstellungs- und Begriffssystems in Theorien systematisch
und einheitlich zu ordnen. Diese Theorien mit den aus ihnen herleitbaren Folgerungen
sind mithin das Ergebnis einer Wechselwirkung zwischen den durch Messungen belegten
und belegbaren Tatbeständen und ihren theoretischen Verarbeitungen in ihren systemati-
schen naturgesetzlichen Zusammenhängen. Jeweils in der Gegenwart geltende Theorien
können daher durch Meßergebnisse neuerer Forschungen eingeholt und überholt wer-
den. Doch wegen der ständigen Überprüfbarkeit der durch Meßgrößen interpretierbaren
und definierbaren Erfahrungen und Kenntnisse — z. B. über die Datenverteilung dieser
Meßgrößen in den Meeresräumen — unterliegen diese Theorien dem Richterspruch der
Ergebnisse von Messungen. Im Falle ihrer Unverträglichkeit mit den Theorien zwingen
sie dann zur Korrektur und Fortbildung der Theorien. Diese — nicht nur für die Meeres-
forschung gültige — Regel zeigt, in welcher bemerkenswerten Weise die Forschung vom
jeweils erreichten Stand einer für die Lösung ihrer Probleme angepaßten und anwendba-
ren Meßtechnik abhängig ist. Das bedeutet auch, daß eine Fortentwicklung der Meeres-
forschung einerseits mit einer Erarbeitung und Anwendung weiterführender Technolo-
gien, Meßgeräte und Meßverfahren zu befruchten ist und andererseits, daß die Anregung
zur Erarbeitung weiterführender Technologien und Meßgeräte eine wichtige Basis in den
meßtechnischen Herausforderungen einer fortschreitenden Meeresforschung findet. Und
dies um so mehr, als sich die Meßgeräte der Zukunft aus Unzulänglichkeiten und
Mängeln des jeweils erreichten Standes der im Meer anwendbaren. Technologien und
Meßgeräte ableiten, oft auch aus dem gänzlichen Fehlen von Meßgeräten, mit denen der
Messung bislang noch unerschlossene Problemfelder einer Lösung zuzuführen sind.
Die Pioniere der Meeresforschung begannen ihr Eindringen zum Verständnis der
Zustände und der dynamischen Abläufe im Meer mit Profilmessungen mittels Thermo-
metern und Wasserprobenentnahmen durch Wasserschöpfer eigener Konstruktionen.
Diese Proben wurden dann zu Salzgehaltsbestimmungen nach bekannten und an Bord
anwendbaren Methoden verwendet. Damit gelang es, erste Erfahrungen über das Meer
in der Form von Fakten über interpretierbare und definierbare Meßgrößen — Tempera-
tur T, Salzgehalt S und Tiefe P — zu erhalten.
Im allgemeinen kann nun heute nicht mehr wie in früheren Zeiten erwartet werden,
daß bei dem derzeit sehr hohen Stand der Meßtechnik und der meßtechnischen For-
schung die Herausforderungen an die Fortentwicklung mariner Meßgeräte vom Meeres-
forscher durch eine eigene Meßgeräteentwicklung befriedigt werden können. Hierzu
bedarf es vielmehr der Einrichtung einer neuen selbständigen und zusätzlichen Disziplin
der Meeresforschung. Dies wurde mir schon zu Anfang der 50er Jahre klar, nachdem ich
von meinem damaligen Kollegen und Freund, dem physikalischen Ozeanographen und
Direktor des Instituts für Meereskunde in Kiel, Georg Wüst, gebeten worden war, mich
als angewandter Physiker auch für die Entwicklung mariner Meßgeräte zu interessieren.
Zu dieser Zeit hat es zwar schon erhebliche und respektable Verbesserungen an den über
Jahrzehnte benutzten Thermometern und Wasserschöpfern gegeben, aber an dem
Grundkonzept, mit diesen Meßgeräten Meeresforschung zu betreiben, hatte sich kaum
etwas geändert. Es gab zwar auch schon modernere, elektrische Meßmöglichkeiten der
Temperatur T und der elektrischen Leitfähigkeit L in situ mit entsprechenden Sonden an
einem stetig fierbaren Unterwasserteil. Da jedoch bei diesen Messungen noch mit Gleich-
strombrücken von Bord aus gearbeitet werden mußte, enthielt der druckfeste Unterwas-