Hafenkapitän sind jetzt um 22.00 Uhr auch nicht: zu erreichen. Zurück zum zentralen
Hafen, wo auch die Fähren abgehen. Und da liegt sie, wie auch bei unseren früheren
Besuchen, gut versteckt im Marinehafen. Ich war froh, doch noch die Nacht in meiner
Koje verbringen zu können.
Hans Kautsky
Waltreibjagd in Thorshavn
Auf der 14. Reise (Juli 1968) lagen wir mit der METEOR in Thorshavn/Färöer und
gaben für dortige Behörden einen Empfang an Bord. Etwa 20 Personen folgten der
Einladung. Aber schon nach kurzer Zeit entstand eine Unruhe unter den Gästen, die wir
zunächst nicht deuten konnten.
Etwa alle zwei Jahre findet eine Waltreibjagd statt, und das ausgerechnet an unserem
Empfangsabend. Die Gäste wollten sich das einmalige und aufregende „Volksfest“ ver-
ständlicherweise nicht entgehen lassen und verließen schon nach 50 Minuten entschuldi-
gend die METEOR und stürmten in heller Aufregung zu der Bucht des Schauplatzes.
Der Empfang an Bord war damit gelaufen, denn auch wir wollten uns das Schauspiel
nicht entgehen lassen und folgten unseren Gästen, In der Bucht traf sich schließlich fast
die gesamte Bevölkerung von Thorshavn.
Wenn Grindwale in der Nähe der Insel gesichtet werden, wird Großalarm gegeben
und alle verfügbaren Ruder- und Motorboote von Thorshavn und den umliegenden
Dörfern laufen aus, dem Rudel entgegen. Nach einem festgelegten Plan formieren sich
die Boote, angeführt von einem „Oberjäger“, und treiben die Grindwale mit lautem
Geschrei und sonstigen Geräuschen voran. Bei der Vielzahl der Boote ist ein Ausbrechen
der Wale fast unmöglich. Je flacher das Wasser wird, desto schneller möchten die Wale
fliehen und stranden dabei schließlich in einer Bucht. Dort stehen hunderte von Schläch-
tern bereit, um die gestrandeten Wale mit ihren Harpunen und Messern zu töten. Ohne
Rücksicht auf ihre Kleidung springen die Schlächter im Jagdrausch ins Wasser, schlagen
Harpunen in den Kopf und zerren die Wale auf den Strand. Unter den Schlächtern waren
auch einige unserer Gäste in ihrem sicherlich bestem Anzug bis zum Bauch im Wasser,
Ca. 100 Grindwale wurden an dem Abend gefangen und getötet. Die Innereien, wie
Herz, Lunge, Niere und Leber werden sofort entnommen und dem Meer zurückgegeben.
Das Wasser in der Bucht war nach dieser Massenschlachterei blutrot. Für uns war dieser
Anblick grausam.
Am späten Abend wurden dann die Wale zur Ostmole, unserem Liegeplatz, ge-
schleppt und zur weiteren Verarbeitung mit einem Kran auf die Pier abgelegt. Vor der
METEOR spielte sich dann das weitere Drama, das Zerlegen der Wale, ab. Abgesehen
von dem nicht sehr angenehmen Geruch war zunächst noch alles harmlos, aber mit
zunehmender Zeit waren einige Färinger nach reichlichem Alkoholgenuß recht betrun-
ken und versuchten dann ihren Alkoholbestand zusätzlich von der METEOR aufzufül-
len. Nur mit verstärkter Wache und mit Einsatz meiner Person konnten wir die Betrunke-
nen über Nacht von Bord fernhalten. Diese für uns und besonders für mich unangeneh-
men Störungen ereigneten sich ausgerechnet an meinem 50. Geburtstag.
Die gute Tat bei der Massenschlachterei war, daß das zum Verzehr zerlegte Wal-
fleisch gleichmäßig, portionsweise auf die Bevölkerung verteilt wurde, Auch die nicht an
der Schlachterei beteiligten Personen, wie Alte und Kranke, wurden bei der Verteilung
gleichermaßen berücksichtigt.
Walter Feldmann
i4|