Paulus, A.: Neumayer als Förderer der Schiffahrt,
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Deutschen Seewarte waren, festzustellen, wobei die Beobachtungen auf der
Deutschen Seewarte unter Neumayers persönlicher Leitung ausgeführt wurden.
Mit der Zunahme der eisernen Schiffe wurde es für eine sichere Navigation
unerläßlich, daß man die Werte der erdmagnetischen Elemente — Deklination,
Inklination, Horizontalintensität — für eine bestimmte Zeit und einen bestimmten
Ort der Erde wußte, Es wurden daher unter Neumayers Leitung an der
Hand umfangreichen Materials Karten dieser erdmagnetischen Elemente konstruiert
und zunächst für das Jahr 1880, dann alle fünf Jahre und, wenn Bedarf, auch
öfter herausgegeben,
Von der großen Sachkenntnis Neumayers auf diesem Gebiet der Wissenschaft
zeugt der im Jahre 1891 bei Justus Perthes, Gotha, erschienene „Atlas des
Erdmagnetismus“ der für das Jahr 1885 die Linien gleicher Deklination,
die magnetischen Meridiankurven und Gleichgewichtslinien, die Linien gleicher
magnetischer Inklination und gleicher magnetischer Horizontal-Intensität gibt
und außerdem die Änderung der magnetischen Deklination in dem Zeitraum von
1600 bis 1858 enthält, Neben diesem Werk, das Neumayer persönlich und
meistens außer den Dienststunden ausgearbeitet hat, muß auch noch die Ab-
handlung „Anleitung zu magnetischen Beobachtungen an Land“ in der
von ihm unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter herausgegebenen „An-
Jeitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen“ hervor-
gehoben werden, Auch hierin tritt das große Wissen Neumayers auffallend
zutage,
Wenn auch Neumayer zu seinen Arbeiten auf diesem Gebiet umfangreiches
Material aus allen Weltteilen zur Verfügung stand, so kam er doch immer wieder
darauf zurück, daß zur Vervollständigung der erdmagnetischen Kenntnisse es
unbedingt notwendig sei, außer in den noch nicht genügend untersuchten Teilen
des Festlandes auch namentlich Forschungen im antarktischen Gebiet vorzunehmen,
da es von dieser Gegend durchaus an zuverlässigem Material fehle und man
absolut nichts Sicheres wisse über die magnetischen Verhältnisse südlich von
50° S-Br. Diese seine Forderung vertrat er auch immer wieder bei seinen Vor-
trägen oder bei sonstiger Gelegenheit in energischer Weise, stets geleitet von
dem Gedanken, nichts unversucht zu lassen, was zur Förderung dieser Wissenschaft
und damit auch zur Sicherheit der Schiffahrt beitragen könnte. |
So hat Neumayer nicht nur seine Person ganz in den Dienst der Schiff-
fahrt gestellt, sondern auch das ihm anvertraute Institut, die Deutsche See-
warte, im Interesse der Schiffahrt so ausgebaut, wie er es anläßlich der Grund-
steinlegung zum neuen Dienstgebäude durch die treffenden Worte skizzierte:
„Wir gedenken des hohen Berufes der Deutschen Seewarte: dem Welt-
verkehr zur See zur Förderung und zum Heile, trotz des grimmen Waltens
der Elemente, zu gereichen; wir gedenken der von dem Institute über-
nommenen Pflicht: für die vaterländische Küstenbevölkerung in dem ihr
zufallenden gefahrvollen Berufsleben bei Tag und bei Nacht eine wirkliche
Warte zu sein, um sie vor Stürmen und Wassergefahren warnen zu können —
und legen in den Grundstein Gelöbnis und Segenswünsche für Pflicht-
erfüllung und Erfolg,“
Neumayer hatte denn auch die Freude, daß seine Verdienste um die Schiff-
fahrt allenthalben dankbar anerkannt wurden, namentlich von Segelschiffs-
reedereien, wie folgendes Schreiben zeigt:
Hochgeehrter Herr Geheimrat!
„Ihre hervorragenden Verdienste um die Wissenschaft und vornehmlich
um die Förderung der deutschen Seefahrt werden besonders dankbar an-
erkannt in denjenigen Kreisen, welche so häufig in die Lage kommen, Ihren
sachkundigen Rat einzuholen und praktisch zu verwerten, Mit unermüdlichem
Interesse und mit großer persönlicher Freundlichkeit haben Sie so manchem
deutschen Seemann die Wege gewiesen und selbst den Erfahrensten wichtige
Winke gegeben, so daß Ihr Name nicht vergessen wird, wo immer man von