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Full text: Zum hundertsten Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte Georg von Neumayer [Neumayer-Heft]

Zum 100. Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte, Georg von Neumayer, 
Neumayer als Förderer der Schiffahrt. 
Von Kapitän A. Paulus, 
„Navigare necesse est, vivere non est necesse“ steht als Motto am 
Hause „Seefahrt“, Bremen. Auch Neumayer erfaßte schon als junger Akademiker 
den Sinn dieser von Pompejus stammenden Worte und erkannte, daß Schiffahrt 
unbedingt auch für sein Vaterland notwendig sei, wenn es zum Aufstieg gelangen 
sollte. Verstärkt in seiner Auffassung wurde er durch die von Begeisterung 
getragenen Schriften des Nationalökonomen Friedrich List, der in einer 
starken Seemacht das einzige Mittel zur wirtschaftlichen Einigung Deutschlands 
sah. Als glühender Patriot bereit, alles für sein Vaterland zu tun, was in seinen 
Kräften stehe, reifte in Neumayer der Entschluß, die beabsichtigte Ingenieur- 
laufbahn aufzugeben und sich einer Wissenschaft zu widmen, die zur Hebung 
der Schiffahrt berufen zu sein schien, Den Weg hierzu wiesen ihm die bahn- 
brechenden Arbeiten des amerikanischen Marineoffiziers und späteren Hydro- 
graphen Maury über die vorteilhafte Ausnutzung von Wind und Meeresströ- 
mungen. Durch diese gewann er die Überzeugung, daß man durch eingehendes 
Studium der meteorologischen und hydrographischen Verhältnisse der verschie- 
denen Ozeane eine Förderung der Schiffahrt insofern erreichen könne, als man, 
gestützt auf die durch das Studium gewonnenen Erfahrungen, in der Lage sein 
würde, den Schiffsführern Anweisungen zu geben, wie sie am vorteilhaftesten den 
Weg über See zu nehmen hätten, um ihr Reiseziel möglichst schnell zu erreichen, 
Nachdem Neumayer sich das Studium dieser Wissenschaft als Lebensaufgabe 
gestellt hatte, handelte es sich für seine Ausbildung zunächst darum, die praktische 
Laufbahn als Seemann durchzumachen. Er musterte daher kurzerhand, als es 
ihm nach vielen Bemühungen nicht gelingen wollte, in eine Kriegsmarine hinein- 
zukommen, auf der Hamburger Bark „Louise“ als Leichtmatrose an und fuhr 
damit von Holland nach Brasilien und wieder zurück nach Hamburg. Auf dieser 
Reise benutzte er seine Mußestunden dazu, um sich mit dem Gebrauch von 
Sextant und Seekarten vertraut zu machen, und brachte es damit auch schon 
so weit, daß er durch eigene Beobachtungen den Schiffsort feststellen konnte, 
Nach Hamburg zurückgekehrt, besuchte Neumayer die Navigationsschule, 
um seine theoretischen Studien zu beginnen. Schon nach sechswöchigem Besuch 
der Schule bestand er die Steuermannsprüfung, blieb dann aber noch mehrere 
Monate als Hilfslehrer auf der Schule, um seine Kenntnisse in der theoretischen 
Navigation weiter auszubauen. 
Von Hamburg siedelte Neumayer nach Triest über und wirkte dort an 
der Seefahrtsschule als Lehrer für Mathematik und nautische Astronomie. Aber 
schon nach einigen Monaten kehrte er wieder nach Hamburg zurück, verschaffte 
sich hier eine Heuer auf der Bark „Reiherstieg‘“ und segelte damit als Matrose 
nach Sydney und weiter nach Melbourne. Hier verließ er das Schiff, als er sah, 
daß die Verhältnisse an Bord für seine weitere Ausbildung nicht günstig waren. 
Etwa ein Jahr später machte Neumayer, um auch die amerikanische Art 
der Schiffsführung kennenzulernen und dadurch sein Wissen zu bereichern, auf 
dem amerikanischen Klipperschiff „Sovereign of the Sea“ als zweiter Steuer- 
mann einige kleine Fahrten an der Küste von Australien und fuhr dann auf dem- 
selben Schiff als Passagier nach England zurück, beteiligte sich jedoch auch 
nebenbei an der Schiffsführung. Auf dieser Reise hatte er zum ersten Male Ge- 
legenheit, die Lehren Maurys auf ihre praktische Brauchbarkeit hin zu prüfen, 
und erzielte damit den Erfolg, daß das Schiff nach einer Reise von nur 80 Tagen 
in London eintraf, 
Mit der Rückkehr nach Europa waren die Lehrjahre Neumayers beendet. 
Jetzt wollte er seine gemachten Erfahrungen praktisch auswerten und trat daher 
mit eigenen Plänen an die Öffentlichkeit. Er erstrebte zunächst nichts Geringeres 
als die Gründung eines nautischen Observatoriums in Melbourne. Um hierfür 
die Mittel flüssig zu machen, war er eigentlich nach Europa gekommen. Es
	        
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