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Full text: Zum hundertsten Geburtstage des Gründers der Deutschen Seewarte Georg von Neumayer [Neumayer-Heft]

Heidke, P.: Neumayer als Deutscher und Gelehrter, 
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Am 30, Juni 1903 in einem Alter von 77 Jahren hielt Neumayer den Zeit- 
punkt für gekommen, um die Leitung der Seewarte seinem Nachfolger, dem Kontre- 
admiral a, D. A. Herz, zu übergeben, nachdem er selbst reichlich 27 Jahre deren 
Direktor gewesen war. Seines Abschiedes von den Beamten des Institutes ist 
bereits gedacht. „Selten ist es einem Menschen vergönnt, während mehr 
als 50 Jahren einen und denselben Gedanken in sich zu verkörpern, 
seine ganze Lebensarbeit auf einen leitenden Gedanken, einen und 
denselben Grundton bestimmen zu können und im Alter das hohe, ferne 
Zielerreicht zu sehen, an das zu gelangen unbeugsamer Wille und zähe 
Energie in hoffnungsfreudiger, wagemutiger Jugendzuversicht sich 
vorgenommen hatten,“ Mit diesen Worten umriß Bürgermeister Dr. Burchard 
in einer markigen und gehaltvollen Rede Neumayers Werdegang auf dem Fest- 
mahl, das der Hohe Senat der Freien und Hansestadt Hamburg am 24. März 1903 
zu Ehren des scheidenden Direktors der Deutschen Seewarte veranstaltete, Welch 
hohe Wertschätzung Neumayer in den führenden Hamburger Kreisen genoß, da- 
von zeugt die Aufhängung seines wohlgetroffenen von dem Maler John Philipp 
gemalten Ölbildes im Versammlungszimmer der Abteilung I des Hamburger Senats 
über dem Sitz von dessen Präsidenten. Bereits geraume Zeit, ehe Neumayer 
1903 von Hamburg schied, hatte eine in der Nähe der Seewarte befindliche Straße 
den Namen Neumayerstraße erhalten, 
Eng waren Neumayers Beziehungen zur Hamburger Geographischen 
Gesellschaft gewesen; am 12, Oktober 1876 wurde er in deren Vorstand ge- 
wählt; am 5, April 1877 zu deren stellvertretendem Vorsitzenden, aus welchem 
Ehrenamt er am 7, März 1889 glaubte ausscheiden zu müssen. 
Mehr als hundert Ehrungen sind Neumayer in der Form von Titeln, Orden, 
Mitgliedschaften, Ehrenmitgliedschaften, Medaillen usw. verliehen worden. Erwähnt 
werden möge nur die 1900 erfolgte Verleihung des Komthurkreuzes des Bay- 
rischen Verdienstordens der Krone, weil mit dieser Auszeichnung der persönliche 
Adel verbunden war; die 1903 bei seinem Ausscheiden aus dem Dienst erfolgte 
Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Titel Exzellenz und die 
bei derselben Gelegenheit erfolgte Überreichung der Goldenen Seewarten- 
Medaille durch seinen Nachfolger Kontreadmiral a. D. Herz. 
Als treuer Sohn seiner Heimat kehrte Neumayer nach erfolgter Pensionierung 
in seine pfälzische Heimat zurück. Beneidenswerter, geradezu erstaunlicher körper- 
licher und geistiger Rüstigkeit konnte er sich noch bis zum Winter 1907/08 
erfreuen; ein gütiges Schicksal bewahrte ihn bis über sein 81. Lebensjahr hinaus 
vor eigentlicher Krankheit. Vergönnt war ihm noch, die Ergebnisse seiner in 
den Jahren 1855 und 1856 ausgeführten erdmagnetischen Vermessung der Pfalz 
1905 in den Mitteilungen der „Pollichia“ veröffentlichen zu können. Auch die 
3. Auflage seiner berühmten „Anleitung zu wissenschaftlichen Beobach- 
tungen auf Reisen“ vermochte er trotz aller Schwierigkeiten herauszugeben, die 
der Tod zahlreicher Mitarbeiter an den früheren Auflagen mit sich brachte. Mit 
rührender Bescheidenheit und Genügsamkeit schrieb er über diese beiden Arbeiten 
unter dem 13, Juli 1907 an seinen alten Hamburger Freund L, Friederichsen‘!): 
„Nach allen verschiedenen Stürmen meines Lebens habe ich allen Grund, mit meinem Los und 
dem Errungenen zufrieden zu sein. Daß es mir nach 23/ jähriger harter Arbeit nee ist, die 
3. Auflage meiner Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen zu vollenden, obgleich 
fünf meiner Mitarbeiter unter der Bearbeitung aus dem Leben geschieden sind, erfüllt mich gleichfalls 
mit großer Zufriedenheit und Dankbarkeit gegen das CGieschick. Auch die Vollendung der erdmagne- 
tischen Vermessung meines Heimatlandes nach vollen 50 Jahren erachte ich als großes Glück. Nicht 
als ob ich den Wert dieser Jugendarbeit sehr hoch anschlüge, ist es vielmehr die Tatsache, daß mich 
die Ausdauer gegen alle menschliche Berechnung zum Ziele führte; sie gewährt mir eine Genugtuung, 
die mir in meinem hohen Alter im Ertragen der unvermeidlichen Gebrechen eine Stütze ist.“ 
Rege beteiligte sich Neumayer nach seiner Pensionierung noch an den 
Tagungen der Deutschen Kolonialgesellschaft wie den Deutschen Geo- 
graphentagen, auf deren VIIL zu Berlin er zum Vorsitzenden des Zentralaus- 
schusses gewählt wurde. Bis zum Jahre 1905 hat er dies Ehrenamt verwaltet, 
ı) Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg, 1909, 8. 296.
	        
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