Hintergrund und Ziele
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Hintergrund und Ziele
Sturmfluten führen in der Deutschen Bucht und den angrenzenden tidebeeinflussten Flussmündungs-
gebieten (Ästuaren) zu einer deutlichen Erhöhung des Wasserstands. Diese erhöhten Wasserstände,
sowie die verursachenden hohen Windgeschwindigkeiten, können zu Einschränkungen des Schiffsver-
kehrs auf den in den Ästuaren verlaufenden Bundeswasserstraßen kommen. Ferner besteht die Ge-
fahr, dass bei zeitgleich auftretenden heftigen Schauern oder langanhaltenden Niederschlägen die ge-
fallenen Wassermengen im Binnenland nicht mehr hinreichend abgeführt werden können. So kann es
zu Hochwasser und Überschwemmungen kommen, wodurch wiederum der Verkehr und die Verkehrs-
infrastruktur in den tieferliegenden Küstengebieten betroffen sein können (z.B. Buthe et al. 2015; Kew
et al. 2013; Schade 2017).
in der hier beschriebenen Auswertung wird der Fokus auf die Deutsche Bucht gelegt, da der Hambur-
ger Hafen, der größte deutsche Seehafen und der drittgrößte Containerhafen Europas, in der Tideelbe
liegt und von besonderer Bedeutung für den See- und Binnentransport ist. Im Folgenden werden die
zroßräumigen meteorologischen Windbedingungen sowie der Meeresspiegelanstieg als wesentliche
Einflussfaktoren während derartiger Ereignisse analysiert und diskutiert. Zur Charakterisierung der
sroßskaligen Zirkulation werden die am BSH operationell analysierten Wetterlagen nach Lamb (1950)
und daraus abgeleitete Indizes betrachtet. Alle Größen werden sowohl in beobachtungsnahen atmo-
sphärischen Reanalysen (siehe Abschnitt 3.2) für die Vergangenheit, als auch in Klimasimulationen für
die Zukunft (siehe Abschnitt 3.3) untersucht.
Diese Untersuchung gliedert sich ein in diverse existierende Studien zu potentiellen Änderungen der
atmosphärischen Zirkulation und Windgeschwindigkeiten über (Mittel-)Europa. Herrera-Lormendez et
al. (2022) konnte bereits zeigen, dass eine über Deutschland verschobenen Wetterlagen-Klassifizie-
rung nach Jenkinson und Collison (1977), die der am BSH verwendeten Methode sehr ähnlich ist, die
Häufigkeiten beobachteter Zirkulationsmuster gut reproduzieren und auch die interannuale Variabili-
tät von Zirkulationsmustern und deren klimatologischen Frequenzen erfassen kann.
in verschiedenen Klimasimulationen für einen fortschreitenden menschlichen Einfluss auf das Klima
zeigt sich eine Verschiebung der Strömungen, die verbunden sind mit einer Zunahme von westlichen
Anströmungen über Zentraleuropa. Eine solche Entwicklung ist sowohl in den Projektionen der Glo-
balmodelle (Donat et al. 2010; Huguenin et al. 2020), als auch in den höher auflösenden Regionalmo-
dellen (Plavcovä und Kysely 2013) zu erkennen. Diese Zunahme der westlichen Wetterlagen geht ein-
ner mit einer deutlichen Abnahme der östlichen Anströmungen im Winter. Die Zunahme von West-
Dzw. die Abnahme von Ostwetterlagen ist robust in den Klimaprojektionen der Globalmodelle
(Demuzere et al. 2009; Stryhal and Huth 2019), sowie in den Regionalmodellen erkennbar (Riediger
and Gratzki 2014). Eine solche Zunahme der westlichen Wetterlagen würde bedeuten, dass ein we-
sentlicher Einflussfaktor für Sturmfluten in der Deutschen Bucht in Zukunft häufiger gegeben sein wird.
Weitere Studien verwenden einen methodisch anderen Ansatz für die Identifikation von einzelnen
Sturmtiefs und deren Zugbahn. Klimaänderungssignale aus derartigen extremereignisfokussierten Stu-
dien zu Frequenz und Intensität der Stürme sind noch mit großen Unsicherheiten behaftet. Dennoch
deutet sich an, dass ein wärmeres Klima die Zugbahnen der Sturmtiefs und damit auch die Nieder-
schlagszonen in Richtung Pol verschieben (Barnes and Polvani 2013; Bengtsson et al. 2006; Harvey et
al. 2020; Mbengue and Schneider 2013; Priestley and Catto 2022; Wu et al. 2011). Europa liegt am