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Seekarten und mehr
kalen Horizont bezogen. In einer Arbeitsgruppe wur
den dazu alle nötigen Vorarbeiten gemeinsam mit
der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und der
Freien und Hansestadt Hamburg erledigt. Damit sind
die Voraussetzungen geschaffen, um in den näch
sten Jahren alle Seekarten jeweils mit den Neuaus
gaben auf diesen neuen gemeinsamen Horizont um
zustellen.
Besondere Probleme bereitet mangels fester Refe
renzpunkte die hinreichend genaue Bestimmung der
Lage und der Höhe von Ortspunkten im Seebereich.
Es müssen die gemessenen Wassertiefen, die den
ständig wechselnden Einflüssen der Gezeiten und
des Windes unterliegen, auf einen einheitlichen, zeit
lich konstanten Tiefenhorizont, das Seekartennull
(SKN), bezogen („beschickt“) werden, um ein zeitun
abhängiges Bild der Topographie des Meeresbodens
zu erzeugen.
Die Einführung der satellitengestützten Positionsbe
stimmung des Global Positioning System (GPS) und
die Übertragung von Korrekturdaten durch terrestri
sche Referenzstationen (differentielles GPS, DGPS)
für Navigations- und Vermessungszwecke (z.B. das
System SAPOS der Landesvermessung) haben ent
scheidende Verbesserungen ermöglicht. Die allge
meine Verfügbarkeit von GPS in der Schifffahrt und
elektronische Navigationssysteme haben auch die
Anforderung an die Genauigkeit der Navigations
unterlagen und damit an die Seevermessung erhöht,
so dass eine ständige Weiterentwicklung der Ver
messungsverfahren erforderlich ist.
Bisher erfolgt die Beschickung der gemessenen
Wassertiefen auf das SKN mit Hilfe sog. Wasser
standserrechnungskarten (WEK), durch die an der
Küste gemessene Pegelwasserstände auf die ver
schiedenen Seebereiche bezogen werden können.
Dieses Verfahren ist in manchen Seebereichen mit
Fehlerquellen behaftet, z.B. dort, wo meteorologisch
bedingte Abweichungen von der normalen Gezeit
sich am Bezugspegel anders als im vermessenen
Seegebiet auswirken. Dieses seit langem bekannte
Problem kann gelöst werden, wenn es gelingt, die
Wassertiefen mit GPS über dem betreffenden Ellip-
soid direkt zu messen. Allerdings ist dies nur mit
einem hochgenauen Positionsbestimmungsverfahren
möglich, wie es mit dem Satellitenpositionierungs
dienst SAPOS der Landesvermessung in Teilberei
chen der deutschen Seegebiete zur Verfügung steht.
Um die gemessenen, auf das Ellipsoid bezogenen
Wassertiefen auf SKN beschicken zu können, ist es
erforderlich, die Höhe des SKN-Horizontes über dem
Ellipsoid a priori festzulegen. Ein seit 2001 zu diesem
Zweck laufendes Projekt, in dem für den gesamten
küstennahen Bereich der Deutschen Bucht die
Höhen des SKN über dem Ellipsoid modelliert wur
den, konnte erfolgreich abgeschlossen werden. Die
Höhe des niedrigstmöglichen Gezeitenwasser
standes wurde mit dem hydrodynamischen Finite-
Element-Modell der Bundesanstalt für Wasserbau
berechnet. Um den Bezug auf das Ellipsoid herzu
stellen, wurden auf nahezu allen Pegelstationen ent
lang der Küste und auf Helgoland die Höhendifferenz
zwischen dem Ellipsoid und dem niedrigstmöglichen
Gezeitenwasserstand mit Hilfe satellitengeodätischer
Verfahren bestimmt und auf den Seebereich extra
poliert. Als Ellipsoid wurde dazu das in der Landes
vermessung benutzte European Terrestrial Reference
Frame 1989 (ETRS89) verwendet. Mit dem auf das
Ellipsoid bezogenen Modell der SKN-Fläche ist eine
wesentliche Voraussetzung geschaffen, um mit Hilfe
von Satellitenmessungen, zur Zeit GPS, die Lotungen
automatisiert auf SKN zu beziehen, d.h. ohne
Wasserstandserrechnungskarte in Verbindung mit
Pegelmessungen.
Eine weitere Voraussetzung ist jedoch die Verbes
serung des Korrekturdatendienstes SAPOS im Küs
tenbereich. Erste Schritte wurden in diesem Zusam
menhang unternommen, indem die Forschungsplatt
form FINO 1 in die Vernetzung der Referenzstationen